55 km/h statt Tempo 25 – ein getuntes E-Moped raste vor kurzem durch Wien-Favoriten, bis die Polizei zuschnappte. Der Fahrer versuchte sich herauszureden, doch Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) war persönlich bei dem Planquadrat mit dabei, wurde Zeuge der eklatanten Geschwindigkeitsübertretung. Der flotte Flitzer wurde angezeigt, fasste eine saftige Geldstrafe sowie eine Rüge durch die Polizei aus.
Der Innenminister war am 20. Oktober bei der Schwerpunktkontrolle der Wiener Polizei vor Ort, um neue Maßnahmen zur Verkehrssicherheit vorzustellen. Karner sprach von einem "dringenden Handlungsbedarf", nachdem die Zahl der toten Radfahrer und E-Biker in Österreich dramatisch gestiegen ist.
Am Bernsteinradweg in Wien-Favoriten präsentierte Karner gemeinsam mit Wiens Polizeipräsident Gerhard Pürstl und Thomas Losko, dem Leiter der Landesverkehrsabteilung Wien, eine bundesweite Kontrolloffensive. Ziel: mehr Bewusstsein und strengere Regeln für alle, die auf zwei Rädern unterwegs sind.
"Es geht um die Sicherheit der Fahrradfahrer, E-Biker, Rollerfahrer und auch der E-Scooter-Fahrer", sagte Karner. "Wir müssen handeln, wenn wir uns einfach die nackten Zahlen ansehen – die traurigen Zahlen der verkehrstoten Fahrradfahrer in diesem Jahr."
Im Vorjahr waren 32 Radfahrer und E-Biker bei Unfällen gestorben, heuer sind es bereits 61 – und das bis 19. Oktober. "Daher ist es notwendig, dass wir Gesetze nachschärfen und gleichzeitig die Kontrolldichte deutlich verstärken", betonte der Innenminister. Die Aktionen sollen nicht nur in Wien, sondern in allen Bundesländern stattfinden. Geplant sind regelmäßige Schwerpunkte auf gefährlichen Routen, Radwegen und Kreuzungen mit hohem Unfallrisiko.
"Derartige Schwerpunkte werden grundsätzlich drei bis fünf Mal im Monat in gezielter Art und Weise durchgeführt", erklärte Thomas Losko. Allein bei dieser Kontrolle waren acht uniformierte Fahrradpolizisten im Einsatz.
"Wir sind hier präventiv tätig, aber auch repressiv, um aufzuklären und, wenn nötig, zu bestrafen", so Losko. Man wähle Orte mit "brenzligen Situationen" und sei von Tag bis Nacht unterwegs – im Sommer rund um die Uhr, im Winter mit geringerer Intensität.
"Sicherheit ist ein weiter Begriff, und da fällt natürlich auch die Verkehrssicherheit darunter", sagte Polizeipräsident Gerhard Pürstl. Besonders bei Einspurfahrzeugen gebe es in Wien "eine enorm hohe Verkehrsdichte".
Disziplinmängel sieht Pürstl vor allem bei E-Scooter- und Radfahrern – "auch oft in der Nachtzeit". Dennoch ziehe Wien eine positive Bilanz: "Wir sind, Gott sei Dank, dieses Jahr erst bei einem tödlichen Unfall. Und wir hoffen, dass es nicht mehr werden."
Auf Bundesebene arbeitet Verkehrsminister Peter Hanke (SP) an einer Helmpflicht für Kinder unter 14 Jahren. Das Gesetz befindet sich laut Karner bereits in Begutachtung – wir berichteten.
Als häufige Unfallursachen nannte der Innenminister Übergeschwindigkeit, Selbstüberschätzung und Alkohol. "Man kommt mit dem E-Motor sehr leicht den Berg hinauf und leider oft zu schnell den Berg hinunter." Nun sollen die Erkenntnisse in eine österreichweite Aufklärungsoffensive einfließen.