Der Iran leidet derzeit unter der schlimmsten Dürre seit 50 Jahren. Am Freitag beteten hunderte Menschen in der Hauptstadt Teheran für den dringend nötigen Regen. Nun sollen Cloud-Seeding-Flüge helfen, also das "Impfen" von Wolken.
Ein entsprechender Flug sei am Samstag über dem Urmia-See im Nordwesten des Landes absolviert worden, berichtete die iranische Nachrichtenagentur IRNA. Der Urmia ist der größte See Irans, wegen der anhaltenden Dürre ist er aber weitgehend ausgetrocknet und hat sich in eine riesige Salzwüste verwandelt.
Beim Cloud Seeding werden gewöhnliches Salz oder eine Mischung aus verschiedenen Salzen von einem Flugzeug aus in Wolken versprüht. Die Salzkristalle fördern die Kondensation und auf diese Weise die Entstehung von Regen. Die Technik wird bereits von dutzenden Ländern genutzt, darunter die USA, China, die Vereinigten Arabischen Emirate und Indien. Der Iran hatte im vergangenen Jahr verkündet, seine eigene "Wolkenimpfungs"-Methode entwickelt zu haben.
Um Wolken "impfen" zu können, müssen bereits Wolken vorhanden sein. Der teilweise verbreitete Glaube, man könne es mit Hilfe irgendwelcher "Chemikalien" aus heiterem Himmel regnen lassen, trifft jedenfalls nicht zu. Aktuell zieht ein Wolkenband über die Region, das westlich des Urmia-Sees bereits für teils heftigen Niederschlag in der Südosttürkei sorgte.
Der aktuelle Einsatz von Flugzeugen zur "Wolkenimpfung" sorgt im Iran für Diskussionen. Laut Mohammad Mehdi Javadianzadeh, Leiter der Organisation für die Entwicklung und Nutzung neuer atmosphärischer Wassertechnologien im Iran, gebe es im Iran bereits seit 60 Jahren Versuche mit "Wolkenimpfungen". Nach seinen Erfahrungen führe diese Methode zu 5 bis 15 Prozent mehr Niederschlag, wie er dem iranischen TV-Sender Hamshari erzählte.
Für Ahad Vazvi, Leiter des Nationalen Zentrums für Klima- und Dürrekrisenmanagement, ist vor allem eine sorgfältige Planung entscheidend für Erfolg oder Misserfolg der "Wolkenimpfung" „Wird die Impfung unkoordiniert, plan- und ziellos durchgeführt, ist sie nicht nur wirkungslos, sondern die gewonnenen Daten sind auch wissenschaftlich wertlos. Dieses Projekt sollte nur an wenigen, gezielten Standorten und nicht landesweit umgesetzt werden", so Vazvi auf Hamshari TV.
Er warnte zugleich vor überzogenen Erwartungen: „Die sofortige Bekanntgabe der Ergebnisse nach jedem Einsatz ist unwissenschaftlich und falsch. Eine genaue Evaluierung erfordert die kontinuierliche Durchführung des Projekts über sechs bis zehn aufeinanderfolgende Saisonen sowie eine langfristige Datenanalyse. Nur dann können wir mit Zuversicht über die Wirksamkeit der Wolkenimpfung sprechen", so Vazvi im iranischen Fernsehen.
Schließlich enthalte die Luft über den Wüsten der Region ohnehin viele kleine Sandpartikel, an denen sich Regentropfen bilden können. Ob es nun eine "Wolkenimpfung" tatsächlich für (mehr) Regen gesorgt hat, oder ob es nicht ohnehin geregnet hätte, lasse sich nur in langfristigen Vergleichen über Jahre hinweg nachträglich feststellen.
Der Iran erlebt laut Irna derzeit den "trockensten Herbst seit 50 Jahren". Die Niederschlagsmenge liege laut staatlichem Wetterdienst in diesem Jahr 89 Prozent unter dem langjährigen Durchschnitt. In der Hälfte der iranischen Provinzen hat es seit Monaten keinen Tropfen Regen gegeben. Im gesamten Land herrscht Wasserknappheit.
In der vergangenen Woche hatte der iranische Präsident Massud Peseschkian erklärt, dass Teheran evakuiert werden müsse, wenn es bis zum Jahresende nicht regnet. Nach Angaben der lokalen Behörden gab es seit einem Jahrhundert noch nie so wenig Regen in der Hauptstadt wie in den vergangenen Monaten.