Es klingt, als wäre es aus einer Idee für eine versteckte Kamera, doch die bizarre Situation geschah wirklich und sorgt derzeit in Großbritannien für Kopfschütteln.
Was wie ein harmloser Reflex aussieht, wurde in der britischen Hauptstadt zur teuren Lektion in Umweltrecht. Eine Frau im Stadtteil Kew entleerte ihren Becher Kaffee im Kanal, bevor sie in einen Bus stieg. Danach wurde sie prompt von drei Polizisten angehalten. Der Vorwurf: "Unerlaubtes Einleiten von Flüssigkeiten in die Regenwasserentwässerung." Die Anzeige kam "to go": 150 Pfund (ca. 170 Euro).
Ein Gesetz, dass das Einleiten von Flüssigkeiten in den Kanal verbietet, gibt es. Und es beginnt bereits bei einer Flüssigkeit namens Kaffee. Der Grund: Nicht jeder Gully ist gleich – manche Leitungen führen davon direkt in Flüsse, nicht in die Kanalisation.
Damit war der harmlose Kaffee offiziell ein "Schadstoff". Die Betroffene zeigte sich überrascht. "Ich wollte doch nur meinen Becher leeren", erklärte sie gegenüber lokalen Medien.
Es gehe um Umweltschutz, nicht um Abzocke, so die Antwort der Stadtverwaltung. Aber gerade beim Thema Umwelt hapert es im "Land der Royals" auf höherer Ebene gewaltig, wie gerade im Netz heftig diskutiert wird. Denn während Privatpersonen für ausgeleerten Kaffee zur Kasse gebeten werden, verschmutzen Großunternehmen tagtäglich die Flüsse der Insel.
Laut aktuellen Untersuchungen wurden allein im Jahr 2024 durch den Wassernetzbetreiber "Thames Water" über 3,6 Millionen Stunden ungeklärtes Abwasser in Gewässer gepumpt – ein Anstieg um 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf. (Ungeklärtes Abwasser sind etwa Fäkalien, Düngemittel und "Ewigkeitschemikalien", die Flüsse verschmutzen.) Die Strafen fallen, wenn überhaupt, äußerst milde aus.
"Die Vorstellung, dass man jemanden dafür bestraft, den Rest seines Kaffees auszuschütten, um damit angeblich unsere Gewässer zu schützen, während die wahren Umweltverbrechen von den Firmen begangen werden, ist einfach absurd", so ein User im Online-Forum "reddit".
Allerdings scheint die Londoner Polizei mit einem anderen Problem überforderter zu sein, als gefährlichen "Kaffee-Tätern": Die Millionen-Metropole ist in den letzten Jahren Paradies für Taschendiebe geworden. Jährlich werden 117.000 Fälle von Handtaschen- und Smartphone-Diebstählen gemeldet, weniger als 1 Prozent davon aufgeklärt und bestraft.