Das Team von Teamchef Roger Bader trifft am Donnerstagabend auf Kanada – und damit auf eine Auswahl, wie sie sonst nur in NHL-All-Star-Games vorkommt. Dass das ÖEHV-Team heute mit breiter Brust aufs Eis gehen kann, hat sie sich in den bisherigen Spielen hart erarbeitet:
🇫🇮 Gegen Finnland (1:2) wurde ein Punkt durch eine höchst fragwürdige Schiedsrichterentscheidung verwehrt – der reguläre Ausgleichstreffer in der Schlussminute wurde nicht anerkannt.
🇸🇪 Gegen Schweden (2:4) führte man bis zwei Minuten vor dem Ende mit 2:1 – eine der beeindruckendsten WM-Leistungen gegen den Gastgeber und Turnier-Mitfavoriten.
🇸🇰 Gegen die Slowakei gelang ein historischer Sieg nach Penaltyschießen – erstmals schlug Österreich den Nachbarn bei einer A-Weltmeisterschaft.
Am Abend (20.20 Uhr, ORF Sport plus) wartet mit Kanada eine ungleich schwierigere Aufgabe.
Österreich bei der Eishockey-WM in der Stockholm-Gruppe
🇫🇮 Finnland – 🇦🇹 Österreich 2:1
🇸🇪 Schweden – 🇦🇹 Österreich 4:2
🇦🇹 Österreich – 🇸🇰 Slowakei 3:2 n.P.
🇨🇦 15. Mai: Kanada – Österreich (20:20 Uhr, ORF Sport+)
🇫🇷 16. Mai: Österreich – Frankreich (16:20 Uhr, ORF Sport+ und ORF 1)
🇸🇮 18. Mai: Slowenien – Österreich (16:20 Uhr, ORF Sport+ und ORF 1)
🇱🇻 20. Mai: Lettland – Österreich (12:20 Uhr, ORF Sport 1)
WM-Sieg! Triumph im Penaltykrimi gegen die Slowakei
Selbst ohne jene NHL-Stars, die noch im Stanley-Cup-Viertelfinale stehen, oder Ausnahme-Verteidiger wie Cale Makar, ist dieses Team der klare Goldfavorit. In der Gruppe A gibt es keinen stärkeren Kader. Unter anderem haben die Ahornblätter heuer gleich vier ehemalige Nummer-1-Draftpicks mit an Bord.
Sidney Crosby – eine lebende Legende, ausgestattet mit drei Stanley Cups, Olympiagold und einem Spielverständnis, das seinesgleichen sucht. Ein Mann, für die großen Momente: Beim Olympia-Finale in Vancouver schoss er Kanada in der Overtime gegen Rivale USA zum Triumph.
Nathan MacKinnon – aktuell neben Connor McDavid (stieg in der Nacht mit Edmonton ins Conference Finale auf) der dominanteste Spieler der Welt.
Macklin Celebrini – das 18-jährige Wunderkind, das in seinem Rookiejahr in San Jose voll eingeschlagen hat.
Marc-André Fleury – eine der größten Goalie-Legenden überhaupt, mit über 1000 NHL-Spielen, Stanley-Cup-Ruhm und immer noch Weltklasse-Reflexen. Seine NHL-Karriere ist mit dem Erstrunden-Aus von Marco Rossis Minnesota vorbei – die WM also die letzte Chance, dem allseits beliebten Keeper live zuzuschauen.
So beeindruckend die bisherigen Auftritte gegen Schweden, Finnland und die Slowakei auch waren – das heutige Duell mit Kanada ist nicht vergleichbar. Schweden tritt beim Heimturnier ebenfalls mit viel NHL-Power und einer vor allem stark besetzten Abwehr an. Das Drei-Kronen-Team kann sich in der Stockholm-Gruppe noch am ehesten mit Kanadas Kader messen, in Sachen Superstar-Faktor aber nicht mithalten.
Finnland musste auf viele der besten Spieler verzichten, weil sie noch in der NHL aktiv sind – etwa Mikko Rantanen (Dallas) oder Aleksander Barkov (Florida). Das Team ist traditionell stark, aber nicht in Bestbesetzung. Das war nicht nur im Spiel gegen Österreich augenscheinlich, auch beim Overtime-Zittersieg gegen Frankreich und der knappen, aber verdienten Niederlage gegen Schweden. Die Slowakei ist in ihrer aktuellen Besetzung nicht mehr als absolute Top-Nation zu bezeichnen.
Zur Erinnerung: Das erklärte Ziel Österreichs ist der Klassenerhalt. Dass die Mannschaft zum zweiten Mal in Folge bei einer WM auf Augenhöhe mit Eishockey-Großmächten agiert, ist eine gewaltige Überperformance.
Große Unbekannte im Tor
KAC-Backup Florian Vorauer wird ausgerechnet gegen Kanada sein Debüt.
Atte Tolvanen reiste nach Spiel 1 von der WM zu seiner hochschwangeren Frau ab, ist noch nicht zurück.
David Kickert wird nach starken Auftritten gegen Schweden und die Slowakei für das Spiel gegen Frankreich am Freitagnachmittag geschont. Das Match steigt nur 20 Stunden nach dem Kanada-Auftaktbully und ist für den Kampf gegen den Abstieg als wichtiger einzustufen.
Denn Eishockey ist in Österreich – abseits weniger Regionen – Randerscheinung. In Sachen Infrastruktur, TV-Vermarktung und Nachwuchsförderung liegt man weit hinter Nachbarländern wie der Schweiz oder Deutschland. Die eigene Liga ist stark, ja – aber die Schlüsselspieler vieler Teams sind Legionäre. Österreichische Talente haben selbst in der Heimat kaum Möglichkeiten, sich auf Topniveau zu entwickeln.
Warum ist Österreich dennoch so stark?
✏︎ Konsequente und kontinuierliche Arbeit von Roger Bader und seinem Trainerteam, die das Nationalteam mit klarer Struktur und System zu einer Einheit geformt haben.
✏︎ Wachsenden Zahl der Legionäre, die von stärkeren Hockey-Programmen europäischen Topligen profitieren.
✏︎ Brandaktuell: Marco Kasper.
Der 20-jährige NHL-Profi der Detroit Red Wings ist das Gesicht eines neuen österreichischen Eishockeys. Seit Trainer Todd McLellan ihm im Frühjahr das Vertrauen schenkte und ihn in Detroit an die Seite der Topspieler stellte, erlebt Kasper einen kometenhaften Aufstieg. Er konnte dieses Niveau nahtlos mit zur WM nehmen.
Was ihn so besonders macht: In jedem bisherigen Spiel war er der beste Mann auf dem Eis – oft auf beiden Seiten. Er treibt seine Linie an, reißt das Geschehen mit Energie und Spielverständnis an sich und gibt das Tempo vor. Mit großer Verlässlichkeit in allen drei Zonen.
Mit zarten 20 Jahren ist das nicht hoch genug einzuschätzen. Thomas Vanek, Österreichs bester Eishockey-Spieler der Geschichte, vermochte es nie, dem österreichischen Spiel bei A- oder B-Weltmeisterschaften derart seinen Stempel aufzudrücken, wie es Kasper in den ersten drei Spielen gegen große Nationen getan hat. Der Vanek-Vergleich ist dem Ex-Profi gegenüber unfair, weil er ein völlig anderer Spielertyp war – über fast zwei Jahrzehnte einer der stärksten NHL-Torjäger, dessen Heimat vor allem der Slot vor dem gegnerischen Tor war. Kaspers Büro erstreckt sich über die gesamte Eisfläche. Seine größte Gabe: die Spieler um ihn herum besser zu machen.
Heute trifft er auf den Meister genau dieser Disziplin: Sidney Crosby. Wie besonders es ist, mit lebenden Legenden wie Crosby das Eis zu teilen, zeigt sich dieser Tage in dessen eigener Linie. Celebrini wurde mit der Pittsburgh-Ikone zusammengespannt, um vom Besten zu lernen. Der Nummer-1-Draftpick des Vorjahres tut genau das. Er wirft ihm sogar auf der Spielerbank verstohlene Blicke zu, um jeden noch so kleinen Aspekt seines Spiels und sogar die Vorbereitung auf Shifts wie ein Schwamm aufzusaugen. Heute wird Crosby im Bullykreis mit Kasper die Schläger kreuzen.