Notlösung für NÖ gefordert

Kein einziger Betrieb will Veggie-Kochlehre anbieten

Seit 1. Juli gibt es den Lehrberuf "Fachkraft für vegetarische Kulinarik" – als befristeten Ausbildungsversuch bis 2030. Es fehlen aber Lehrbetriebe.
Niederösterreich Heute
04.07.2025, 07:45
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Jede zehnte Person in Österreich isst kein Fleisch, wie Erhebungen der Veganen Gesellschaft Österreich (VGÖ) zeigen. Jahrelang hatten sich Starköche wie PaulIvić, Vereine und zuletzt auch die Grüne Wirtschaft für den neuen Lehrberuf eingesetzt.

Neuer Lehrberuf seit Juli

Seit Dienstag ist es offiziell: Ab erstem 1. Juli 2025 kann der neu geschaffene Lehrberuf "Fachkraft für vegetarische Kulinarik" erlernt werden, das legt eine entsprechende Verordnung des Arbeitsministeriums fest.

"Doppellehre verboten"

Ein Blick in das Berufslexikon des Arbeitsmarktservice (AMS) verrät: "Der Lehrberuf wurde als befristeter Ausbildungsversuch eingerichtet und kann vorläufig bis spätestens 31. Dezember 2030 begonnen werden. Eine Doppellehre mit dem verwandten Lehrberuf "Koch/Köchin" ist nicht erlaubt!"

Die Lehrlingsentschädigung richtet sich nach dem Kollektivvertrag für Arbeiter im Hotel- und Gastgewerbe und sieht ein Brutto-Einkommen von 1.050 Euro im ersten Lehrjahr vor. Nach drei Lehrjahren gibt es dann im vierten Lehrjahr 1.500 Euro brutto.

Paul Ivić in seinem vegetarischen Restaurant Tian in der Himmelpfortgasse in Wien
Gerhard Deutsch / picturedesk.com

"Fachkräfte für vegetarische Kulinarik arbeiten in Betrieben des Hotel- und Gastgewerbes (Hotelküchen, Restaurants, Gasthäuser usw.), teilweise auch in Großküchen von Betrieben, Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen", heißt es im Berufslexikon.

Der Fachverband für Gastronomie begrüßt die Einführung der neuen Ausbildung: "Wir freuen uns über jeden neuen Lehrberuf, der das Potenzial hat, Menschen für die Branche zu begeistern. Wichtig war uns in den vergangenen Monaten, dass einige noch offene Fragen – wie z.B. für die Lehrabschlussprüfung verbindliche Rezepturen - vom zuständigen Ministerium geklärt wurden."

Welche Berufsschulstandorte für die entsprechende Ausbildung infrage kommen, liege jedoch in der Zuständigkeit des Bildungsministeriums. Es bleibe nun abzuwarten, wie der neue Lehrberuf von der Branche und den jungen Menschen angenommen wird, heißt es vom Fachverband.

Suche nach Lehrbetrieben

Doch bisher, hat sich in ganz Niederösterreich bisher kein einziger Ausbildungsbetrieb für die neue Lehre gemeldet. Die Wirtschaftskammer NÖ (WKNÖ) sagt gegenüber "Heute": "Bis dato gibt es keine Anfrage bzw. keinen Antrag eines Unternehmens bei der Lehrlingsstelle NÖ, welches den neuen Lehrberuf Fachkraft für vegetarische Kulinarik ausbilden möchte."

Dabei wächst die Nachfrage nach vegetarischer und veganer Küche, sowohl in der Gastronomie als auch im Gesundheitssektor, deutlich. Trotzdem gibt es in Niederösterreich bisher keine einschlägigen Lehrbetriebe: "Die 13 Unternehmen, die den neuen Lehrberuf ausbilden möchten, haben ihren Unternehmenssitz allesamt in anderen Bundesländern", heißt es seitens der WKNÖ. Für die Grüne Wirtschaft NÖ ist das ein Alarmsignal – und gleichzeitig ein klarer Auftrag zum Gegensteuern.

Es scheitere nicht am Sinn der Ausbildung, sondern an den strukturellen Hürden, sagt der Landessprecher der Grünen Wirtschaft, August Lechner, und benennt ein zentrales Problem: Gerade kleine Betriebe hätten oft nicht den nötigen Platz, das Personal oder die Ausstattung, um die Ausbildung alleine stemmen zu können.

"Wirtschaftskammer muss handeln"

Lechner hat dafür einen Lösungsvorschlag: Ein Ausbildungsverbund, der mehrere Betriebe oder auch Bildungseinrichtungen zusammenschließt, um gemeinsam Lehrinhalte abdecken zu können. Das sei eine realistische und flexible Lösung, die rechtlich möglich sei und neue Chancen für viele Betriebe eröffne – besonders für Saison-Betriebe oder solche ohne eigene Buchhaltung oder Großküche.

Und die Grüne Wirtschaft fordert jetzt die Wirtschaftskammer NÖ nun zum Handeln auf: Sie solle Betriebe über solche Modelle informieren, beraten und gezielt vernetzen. Lechner bringt es auf den Punkt: "Wer heute kooperativ denkt, kann morgen ausbilden." Ziel sei es, moderne und praxisnahe Ausbildungswege in der Gastronomie zu ermöglichen – auch abseits der traditionellen Lehrberufe.

Ein solcher "traditioneller Lehrberuf" ist der des Kochs oder der Köchin. "Heute" wollte von der Wirtschaftskammer NÖ wissen, ob der neue Lehrberuf gleichwertig ist und hat folgenden Antwort bekommen: "Nach Abschluss der Ausbildung und absolvierter Lehrabschlussprüfung ist man Fachkraft für den Bereich vegetarische Kulinarik. Man hat eine Ausbildung abgeschlossen, die, wie alle anderen Lehrberufe auch, auf NQR Level 4 eingestuft ist."

Lehre für die Zukunft

Dann kommt die Überraschung: "Die von den verwendeten Produkten her umfassendere Qualifikation, die ein Kochlehrling während seiner Lehrzeit erlangt, hat die Fachkraft für vegetarische Kulinarik nicht in dem Ausmaß", sagt die WKNÖ. Und:

"Der neue Lehrberuf ist für jene Unternehmen interessant, die auf vegetarische Küche spezialisiert sind bzw. überwiegend diese den Gästen anbieten. Von der dementsprechenden 'Unternehmenslandschaft' wird es abhängen, wie sich der neue Lehrberuf etabliert."

{title && {title} } red, {title && {title} } Akt. 15.07.2025, 11:08, 04.07.2025, 07:45