Synchronsprecher

KI bereitet Bugs Bunnys Stimme große Sorgen

Bugs-Bunny-Stimme Sven Plate spricht über gestohlene Stimmen, fluchende Comic-Figuren und die Gefahr, durch künstliche Intelligenz ersetzt zu werden.
27.04.2025, 22:19

Herr Plate, Sie sind nicht nur die Stimme von Bugs Bunny, sondern haben viele Figuren gesprochen. Wie sind Sie zum Synchronsprechen gekommen?

Sven Plate: Ich mache das seit 1978 und habe als Kind damit angefangen. Mittlerweile habe ich über hundert Charaktere gesprochen. Zwei meiner Lieblingsrollen sind Jay Lawrence aus der Hörspielserie "Point Whitmark" und Gwizdo aus "Die Drachenjäger" – chaotisch, geschäftstüchtig, aber herzlich.

Viele Synchronsprecher machen momentan auf KI im Synchronberuf aufmerksam. Was ist das Problem?

Unsere Jobs sind in Gefahr. KI erzeugt mittlerweile technische Synchronisationen, oft mit unseren Stimmen und das ohne Zustimmung, ohne Vergütung. Unsere Stimmen werden so auch für Inhalte benutzt, die wir niemals einsprechen würden – fluchende Zeichentrickfiguren zum Beispiel. Bei Games wird teilweise schon vertraglich festgelegt, dass Stimmen für KI-Training oder Morphing – also das Verzerren einer Stimme, damit sie anders klingt – genutzt werden dürfen. Dann ist man als Sprecher raus.

Sven Plate

Sven Plate ist ein deutscher Synchronsprecher, Hörspielsprecher und Synchronregisseur. Er hat bereits vielen bekannten Charakteren seine Stimme geliehen, darunter Bugs Bunny oder dem Schauspieler Wil Wheaton unter anderem aus "The Big Bang Theory". Plate lebt in Berlin und arbeitet seit über 40 Jahren in diesem Bereich.

Haben Sie selbst erlebt, dass Ihre Stimme unerlaubt verwendet wurde?

Noch nicht direkt. Aber ein Kollege hat beispielsweise plötzlich Werbung für ein Autohaus gemacht – ohne sein Wissen. Und es gibt alte DVDs, wo fehlende synchronisierte Stellen mit KI ergänzt wurden – das klingt aber grauenhaft emotionslos. Die polnische Serie "Murderesses" wurde sogar wegen schlechter KI-Synchro wieder abgesetzt.

Was können Synchronsprecher gegen diesen Missbrauch tun?

Leider gibt es kaum gesetzliche Grundlagen. Wenn meine Stimme von einer KI zu 90Prozent erkannt wird, könnte ein Gericht vielleicht sagen, das ist meine Stimme und ich habe Rechte daran. Aber was passiert, wenn eine Firma sie zu 89Prozent nachahmt? Dann klingt es immer noch wie ich – aber ist es offiziell nicht mehr meine Stimme? Wo fängt meine Stimme an und wo hört sie auf? Das muss dringend geklärt werden.

Machen Sie sich Sorgen?

Ja, absolut. Deshalb machen wir Synchronsprecher nun darauf aufmerksam. Und die Leute spüren auch, dass hier etwas Grundsätzliches auf dem Spiel steht. Es geht nicht nur um Synchronsprecher – es geht um Kultur, um echte Gefühle, echte Menschen. Wir müssen uns fragen: Wollen wir die Kunst der KI überlassen?

Was unterscheidet denn eine menschliche Synchronisation von einer KI-Stimme?

Wir sehen die Szene, hören den Originalton, versetzen uns in die Figur – und spielen. Dabei achten wir auf Pausen, Lautstärke, Betonung, Emotionen. All das passiert oft innerhalb von Sekunden. Das kann eine KI momentan einfach noch nicht gleich gut leisten

Bugs Bunny

Der Zeichentrickhase Bugs Bunny wurde am 27. Juli 1940 "geboren" und hat einen lockeren und schlagfertigen Charakter. Mit seinem berühmten Spruch "Eh, was gibt’s, Doc?" wurde er zum Markenzeichen der Looney Tones. Bugs trifft man meist mit einer Karotte in der Hand an. Zu seinen Freunden gehören unter anderem Daffy Duck und Lola Bunny. Für seine Verdienste wurde er sogar mit einem Stern auf dem Hollywood Walk of Fame geehrt.

Künstliche Intelligenz ist bereits in der Lage, eine menschliche Stimme sehr realistisch in eine andere Sprache zu übersetzen. Ist das bei Realfilmen nicht ein Vorteil?

Naja, ich meine, was ist jetzt der Vorteil? KI entscheidet sich oft für die technisch einfachste Lösung, nicht für die schauspielerisch beste. Als Schauspieler würde ich mir gut überlegen, ob ich erlaube, meine Stimme automatisch in andere Sprachen zu synchronisieren. Gerade bei großen Kultursprachen mit vielen professionellen Sprechern würde ich das nicht wollen. Und manchmal ist die deutsche Stimme – wie bei Robert De Niro – sogar ikonischer als das Original.

Gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen haben Sie eine Petition gegen KI im Synchronberuf gestartet. Was möchten Sie damit konkret erreichen?

Unser Ziel als Sprecherinnen und Sprecher ist es, dass künstliche Intelligenz im Kulturbereich kritisch hinterfragt wird. Es geht nicht darum, KI grundsätzlich zu verbieten – sie kann in manchen Bereichen sicher sinnvoll eingesetzt werden. Aber im kreativen, künstlerischen Bereich möchten wir echte Stimmen erhalten, echte Emotionen, echte Menschen. KI darf keine Alternative zum lebendigen Ausdruck sein, der unsere Arbeit ausmacht – sie darf nicht ganze Berufsgruppen ersetzen, ohne dass darüber gesellschaftlich diskutiert oder rechtlich entschieden wurde.

{title && {title} } red,20 Minuten, {title && {title} } 27.04.2025, 22:19
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