Was es heißt, wenn sich die Erde um mehr als 1,5 Grad aufheizt, spürst man in manchen Teilen der Welt schon jetzt ganz deutlich. Besonders eindringlich warnt Ralph Regenvanu, der Klimawandel-Anpassungsminister von Vanuatu, vor dem drohenden Untergang seines Inselstaates im Südpazifik. "Erhöhte Siedlungen, die seit Generationen bewohnt sind, werden vom Meer verschluckt. Das sind keine Zukunftsängste, das ist die Realität für unser Volk", sagt Regenvanu.
Viele Bedrohungen drehen sich ums Wasser. In Ländern wie Simbabwe sorgt Wasserknappheit bereits für große Wanderbewegungen, erklärt der simbabwische Konferenzteilnehmer Malu Moronzi.
Laut orf.at ist sogar der Millionenstadt Kapstadt schon einmal das Wasser ausgegangen, berichtet die südafrikanische Klimaforscherin Debra Roberts von der KwaZulu-Natal-Universität. Zwar werden Maßnahmen gesetzt, aber selbst die geraten ins Wanken, wenn die Temperaturen dauerhaft über 1,5 Grad steigen. "Ich erhoffe mir von der Konferenz, dass sie einen globalen Diskurs darüber anstößt, wie wir uns künftig noch anpassen können", sagt Roberts.
Bei der weltweit ersten Climate Overshoot Conference in Laxenburg, die vom Internationalen Institut für Systemanalyse (IIASA) veranstaltet wird, diskutierten vergangene Woche 180 Forscher und Aktivisten aus aller Welt über das sogenannte "Overshoot"-Szenario. Ziel ist es, Wege zu finden, wie die Erwärmung gebremst werden kann, und wie wir mit den Folgen, die sich nicht mehr verhindern lassen, umgehen.
Die Folgen für den Menschen rücken immer mehr in den Mittelpunkt der Klimaforschung, nicht nur die Maßnahmen gegen den Klimawandel. Der Chef des Weltklimarats, Jim Skea, meint dazu: "Wir müssen die Anpassung stärker in den Blick nehmen, weil die Folgen nicht mehr in der fernen Zukunft liegen. Anpassung hat jetzt eine höhere Priorität." Trotzdem dürfe der Kampf gegen die Erderwärmung nicht vernachlässigt werden, betont Skea.
"Jetzt darf die Konsequenz nicht sein, in Fatalismus zu verfallen und sagen: 'Na ja, jetzt haben wir die rote Linie durchbrochen, jetzt braucht uns der Klimaschutz gar nicht mehr weiter kümmern'", fordert auch IIASA-Direktor und Gastgeber Hans-Joachim Schellnhuber. Jetzt gehe es darum, die globale Temperaturkurve "wieder nach unten zu biegen".
Das könne nur gelingen, wenn man neben den Emissionen auch den CO2-Haushalt in der Atmosphäre stärker ins Visier nimmt, sagen Skea und Schellnhuber. "Die beste Maschine, die erfunden wurde, um CO2 aus der Atmosphäre herauszufiltern, ist der Baum", so Schellnhuber. Wenn Kohlenstoff aus Bäumen etwa beim Bauen verwendet wird, bleibt das schädliche Klimagas jahrzehntelang, vielleicht sogar jahrhundertelang, aus der Luft draußen.
Der Weltklimarat (IPCC) geht davon aus, dass die Erde langfristig durch CO2-Entzug abkühlen kann. "Wir sind zwar fast sicher, dass die Erwärmung in naher Zukunft die 1.5 Grad-Marke überschreiten wird, das bedeutet aber nicht, dass wir die Erwärmung nicht zum Ende des Jahrhundert wieder auf 1.5 Grad senken können", sagt Skea.
Bis dahin stehen aber überall – auch bei uns in Österreich – große Veränderungen bevor, sagt Schellnhuber. Besonders Starkregen zählt in Österreich zu den größten Gefahren, weil sich mit jedem Grad Erwärmung der Wasserkreislauf um sieben Prozent verstärkt. "Was nach oben geht, muss auch wieder runter und es kommt als Starkregen herunter", erklärt Schellnhuber. Die wichtigste Maßnahme ist daher, Böden zu entsiegeln, damit das Wasser versickern kann.