Klimawandel trifft Deutschland

Küstenregionen aufgeben: Dramatischer Aufruf an Politik

Deutsche Fachgesellschaften warnen vor dramatischen Folgen des Klimawandels. Die Politik müsse einen Rückzug aus gewissen Küstenregionen diskutieren.
Roman Palman
29.09.2025, 14:13
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"Es ist nicht mehr zu leugnen: Der Klimawandel schreitet ungebremst voran und beschleunigt sich", mit diesem Satz beginnt ein eindringlicher Aufruf zu entschlossenem Handeln. Die Deutsche Meteorologische Gesellschaft (DMG) und die Deutsche Physikalische Gesellschaft (DPG) warnen darin gemeinsam vor dem Scheitern der Energiewende. Sie repräsentieren rund 55.000 Mitglieder.

Nach den besonders heißen Jahren 2023 und 2024 scheine es möglich, dass die in Paris beschlossene 1,5 Grad-Grenze der globalen Erwärmung bereits dauerhaft überschritten sein könnte. Und selbst eine Eindämmung unter 2 Grad sei nur noch mit "erheblich erhöhten Anstrengungen" erreichbar.

Ohne ein Umsteuern der Menschheit könnten demnach bis Mitte des Jahrhunderts plus 3 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit erreicht werden. In Österreich und Deutschland wären es sogar deutlich mehr, denn Landmassen erwärmen sich schneller als Ozeane. Unsere Alpenrepublik steht laut dem 2. heimischen Sachstandsbericht Klimawandel (AAR2) bereits jetzt bei plus 3,1 Grad.

In Österreich steigt die Temperatur schneller als im globalen Schnitt.
AAR2

Dabei haben schon die derzeit messbaren Temperaturveränderungen dramatische Auswirkungen. "Dies führt zu häufigeren und intensiveren Hitzewellen, einer Abnahme der Schneedecke und dem Rückgang von Gletschern. Zukünftige Klimaprojektionen weisen auf eine Zunahme der Risiken von Dürren, Überschwemmungen sowie auf den Verlust der Biodiversität hin", heißt es im Österreich-Report dazu.

"Überleben im Freien unmöglich"

Auch die deutschen Meteorologen und Physiker warnen vor verheerenden Folgen: "Die Gefahren für Leib und Leben nehmen durch die klimatischen Veränderungen stark zu. In manchen Weltregionen ist es schon heute kaum mehr möglich, dauerhaft unter den extremen Wetterbedingungen zu (über-)leben".

Noch vor 2050 könnten in tropischen Regionen erstmals Situationen auftreten, in denen die Kombination aus hoher Luftfeuchtigkeit und extrem hohen Temperaturen "ein Überleben im Freien unmöglich machen".

Meeresspiegel steigt um 60 Zentimeter

Dazu sei zu erwarten, dass sich der Meeresspiegelanstieg erheblich beschleunigen werde. Weltweit würden Küstenregionen bedroht, auch in Deutschland. Bei einer globalen Erwärmung um 3 Grad würde laut einem interaktiven Tool der NASA der Meeresspiegel an den deutschen Küsten und im Mittelmeer um rund 20 bis 30 Zentimeter zum Jahr 2050 bzw. um die 60 Zentimeter zum Ende des Jahrhunderts ansteigen - und diese Entwicklung würde sich noch lange weiter fortsetzen.

Die beiden Fachgesellschaften appellieren daher an die Politik, vorsorglich auch einen "Rückzug aus tieferliegenden Küstenregionen an Nord- und Ostsee zu diskutieren". Es ist nur ein Teil des eindringlichen Aufrufs. Die gesamten zehn Punkte im Wortlaut:

"Zu lebenswerter Zukunft beitragen"

Klimaschutzmaßnahmen dürften daher nicht gebremst oder gar verhindert werden, so die DMG und DPG weiter. Um das Klimasystem auf einem Niveau zu stabilisieren, das die Grundlage ziviler Gesellschaften bewahren könne, müsse der Ausstoß von Treibhausgasen aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe, der Landwirtschaft und der Zerstörung natürlicher Lebensräume weltweit schnell und massiv sinken.

Zugleich müsse CO2 auch aktiv aus der Atmosphäre entfernt werden, um die Folgen der globalen Erwärmung "wieder auf ein beherrschbares Maß" zu bringen. Technische Methoden seien aber noch nicht ausgereift und deutlich teurer als das Emittieren von CO2, weshalb an einer Umstellung auf Erneuerbare Energie kein Weg vorbeiführe. Eine solche dezentrale Energieerzeugung im eigenen Land sei auch in geopolitischen Krisen ein Vorteil.

Das Schlusswort ist ein Appell an alle: "Wissenschaftliche Erkenntnisse, also Fakten, sind die Basis für das politische und gesellschaftliche Handeln, um den Herausforderungen der Zukunft zu begegnen. Globale Probleme können nur global angegangen werden. Nicht zuletzt hat aber jeder Mensch selbst die Möglichkeit, zu einer lebenswerten Zukunft beizutragen."

{title && {title} } rcp, {title && {title} } Akt. 29.09.2025, 14:49, 29.09.2025, 14:13
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