In den letzten dreißig Jahren ist die globale Durchschnittstemperatur um etwa 0,26°C pro Jahrzehnt gestiegen. Inzwischen liegt der gleitende Fünfjahresschnitt um 1,3°C über dem vorindustriellen Niveau der Jahre 1850 bis 1900.
Ziel des Pariser Abkommens ist es, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf deutlich unter 2°C und vorzugsweise unter 1,5°C zu halten. Aktuelle Trendberechnungen des Copernicus Climate Change Service (C3S) gehen davon aus, dass der Fünfjahresschnitt die 1,5°C-Marke im April 2029 erreichen und folgend durchbrechen wird.
Was beim Fokus auf den globalen Durchschnitt schnell aus dem Blick gerät: Die Regionen der Welt heizen sich nicht in gleichem Tempo auf. Ausgerechnet auf den Landmassen unseres Kontinents Europa und der Arktis läuft die Erwärmung mehr als doppelt so schnell ab.
Laut dem ERA5-Datensatz des C3S ist die Arktis DER Hotspot des Klimawandels. Dort sind die Temperaturen zuletzt um heftige 0,69°C pro Jahrzehnt gestiegen. Die Wissenschaftler rechnen vor, dass sich die Arktis bereits um rund 3,3°C gegenüber dem vorindustriellen Niveau erwärmt hat. Der Löwenanteil davon (3,0°C) erst ab den 1970er Jahren.
Für die 746 Millionen Menschen in Europa waren es seit den 1990ern 0,53°C pro Jahrzehnt. Bedeutet unterm Strich ein Plus von 2.4°C zum vorindustriellen Niveau. Österreich hat hier noch einmal eine Sonderstellung. Unsere Alpenrepublik hielt im abgelaufenen Jahr 2024 bei einem Plus von rund 3,1°C. Das geht aus dem 2. Österreichischen Sachstandsbericht zum Klimawandel (AAR2) hervor.
"Das liegt unter anderem an der geografischen Lage im Inneren des Kontinents, wo die Erwärmung stärker ausfällt als für die Ozeane", erklärt Naturgefahren-Forscherin Margreth Keiler von der Universität Innsbruck. Generell heizen sich Landmassen schneller auf als Meere.
Dazu kommt, dass die Luftverschmutzung seit den 1980er Jahren durch verschärfte Vorschriften zurückgegangen ist. Aerosol-Emissionen von Industrie & Co hatten früher einen Teil der eintreffenden Sonnenstrahlung reflektiert. Ihr früher lokal kühlender Effekt ist nun wieder verloren gegangen.
Laut Angaben von Copernicus haben sich auch die Wettermuster über Europa verändert. Verschiebungen in der atmosphärischen Zirkulation begünstigen demnach häufigere und intensivere sommerliche Hitzewellen in Europa.
Keiler: "Auch Nachbarländer wie Bayern oder die Schweiz verzeichnen ähnliche Entwicklungen. Besonders stark betroffen sind städtische Räume und alpine Täler." Steigende Temperaturen führen zudem dazu, dass mehr Wasserdampf in der Luft ist, was wiederum Starkregenereignisse begünstigt.
Im Falle der rasanten Erwärmung Arktis handelt es sich um das bereits lange bekanntes Phänomen der "polaren Verstärkung". Es ist eine außer Kontrolle geratende Rückkopplungsschleife, bei der mehrere miteinander verbundene Prozesse am Werk sind:
Copernicus betont, dass die zugrundeliegende Physik der globalen Erwärmung eindeutig ist: Treibhausgase speichern Wärme - und wir haben immer mehr davon in der Luft.
Wie stark sich einzelne Regionen dann aber erwärmen, werde durch komplexe lokale Rückkopplungen, atmosphärische Dynamik und Luftqualität bestimmt. "Das Verständnis dieser regionalen Unterschiede ist nicht nur für die wissenschaftliche Genauigkeit wichtig, sondern auch für die Gestaltung lokaler Anpassungsstrategien angesichts einer sich erwärmenden Welt", so die C3S-Wissenschaftler abschließend.