In Großbritannien wurden acht Babys geboren, die nicht nur die DNA von Mutter und Vater, sondern auch die einer dritten Person haben. Mittlerweile gibt es dort vier Mädchen und acht Jungs – darunter ein eineiiges Zwillingspaar –, bei denen das zutrifft.
Auch in anderen Ländern sind schon Babys mit drei genetischen Elternteilen auf die Welt gekommen. Etwa 2016 in Mexiko und 2019 in Griechenland.
Diese Besonderheit wird gezielt hervorgerufen: durch eine spezielle Form der künstlichen Befruchtung (IVF). Ziel der Mitochondrien-Ersatztherapie oder auch Pronukleustransfer genannten Technik ist es, die dabei entstehenden Kinder vor schweren Erbkrankheiten durch die mutierte DNA ihrer mütterlichen Mitochondrien zu bewahren (siehe Box). Entwickelt haben die Methode Forschende vom Newcastle Fertility Centre und der Newcastle University.
Mitochondrien sind die Kraftwerke unserer Zellen. Wenn sie aufgrund von Mutationen defekt sind, können sie den Körper nicht mit Energie versorgen, was zu Gehirnschäden, Muskelschwund, Herzversagen und Blindheit führt. Darauf zurückgehende Krankheiten sind unheilbar und können innerhalb von Tagen oder sogar Stunden nach der Geburt tödlich sein, wie "The Guardian" nach der Geburt der ersten mithilfe der Mitochondrien-Ersatztherapie gezeugten Kinder zusammenfasste.
Mitochondriale Erbkrankheiten können nur von der Mutter vererbt werden. Um Embryonen zu schaffen, die frei von schädlichen Mutationen in der Mitochondrien-DNA sind, verwenden die Forscher Gewebe aus den Eiern gesunder Spenderinnen. Das gespendete Gewebe, das gesunde Mitochondrien-DNA enthält, wird dann in den bereits mithilfe von IVF befruchteten Embryo der künftigen Mutter eingesetzt. Dieser erhält dadurch die Kern-DNA seiner beiden Eltern und die mitochondriale DNA der gesunden fremden Spenderin. Er ist also genetisch mit seinen Eltern verwandt, hat aber ein deutlich geringeres Risiko für eine mitochondriale Erbkrankheit.
Der häufig verwendete Ausdruck "Drei-Eltern-Kind" ist irreführend. Denn das Erbgut der Eizellenspenderin ist beim Kind auf eine sehr kleine Zahl von Genen beschränkt. Auf sie entfallen 0,1 bis maximal 0,2 Prozent des Erbguts. Das sind laut Angaben der BBC rund 37 Gene. Der Großteil, 99,8 Prozent, stammt von Mutter und Vater.
In Großbritannien ist sie seit 2015 legal und unter bestimmten Bedingungen in Einzelfällen zugelassen. 22 Frauen haben seither das Angebot angenommen. Alle leiden an einer mitochondrialen Erbkrankheit, die beim Nachwuchs zu schweren Gesundheitsproblemen und sogar zum Tod führen kann.
Bei den acht neugeborenen Kindern ist das gelungen, schreiben die Forschenden im "New England Journal of Medicine". In dem Fachjournal sind gleich zwei Studien zum Thema erschienen. Laut diesen haben Genanalysen von Blut- und Urinproben der Babys bestätigt, dass die Mitochondrien bei fünf der Babys keinerlei krankmachende Mutationen tragen. Bei drei Babys kam der Gendefekt in maximal 20 Prozent ihrer Mitochondrien vor. Damit die Krankheit ausbricht, wären aber mindestens 80 Prozent nötig, wie die Forscher erklären.
"Die Ergebnisse geben Anlass zu Optimismus", sagt eine der Studienautorinnen, Mary Herbert von der Newcastle University. "Um die Behandlungsergebnisse weiter zu verbessern, ist jedoch weitere Forschung unerlässlich. Weiter sollen die bereits geborenen Kinder bis zu ihrem fünften Lebensjahr regelmäßig untersucht werden. So können mögliche Nebenwirkungen oder Spätfolgen der IVF-Methode identifiziert und deren Sicherheit langfristig beurteilt werden."
Durch die Methode wird das Erbgut so verändert, dass die Änderungen an kommende Generationen weitergegeben werden. Von ihnen ist also nicht nur das Kind selbst, sondern auch dessen Nachfahren betroffen. Kritiker warnen vor nicht absehbaren Langzeitfolgen, die sich kaum kontrollieren lassen. Zudem sehen sie im Pronukleustransfer einen Schritt hin zu Designerbabys, bei denen Eltern nach Belieben zahlreiche Gene verändern könnten – auch solche, die nichts mit der Gesundheit des Kindes zu tun haben.