Jetzt kracht es

Politik beinhart: "Sozialstaat nicht mehr finanzierbar"

Vor dem Start in den politischen Herbst spitzt sich der Streit über Sozialreformen in der schwarz-roten Koalition deutlich zu.
Newsdesk Heute
23.08.2025, 16:14
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Die schwarz-rote Koalition steht nach der politischen Sommerpause vor einer harten Debatte über Sozialreformen. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) forderte am Samstag eine mutige Neuaufstellung des Sozialsystems und kündigte an, es der SPD dabei "nicht leicht machen" zu wollen. SPD-Chef Lars Klingbeil warnte vor einer einseitigen Belastung für Arbeitnehmer. Juso-Chef Philipp Türmer zog eine rote Linie: Bei Sozialkürzungen werde die SPD nicht mitmachen.

Merz zeigte sich beim Landesparteitag der Niedersachsen-CDU in Osnabrück bereit zu einer harten Auseinandersetzung mit dem Koalitionspartner SPD. "Ich werde mich durch Worte wie Sozialabbau und Kahlschlag und was da alles kommt, nicht irritieren lassen", sagte Merz. "Der Sozialstaat, wie wir ihn heute haben, ist mit dem, was wir volkswirtschaftlich leisten, nicht mehr finanzierbar."

"Das ist ein Bohren dicker Bretter"

Die Koalition aus Union und SPD hat sich grundlegende Reformen bei den Sozialversicherungssystemen vorgenommen, etwa bei Bürgergeld, Pension und Krankenversicherungen. Grund dafür sind steigende Kosten und Sparzwänge im Bundeshaushalt. Die geplanten Reformen sollen den Sozialstaat leistbar machen. Konkrete Vorschläge werden zum Teil in Fachkommissionen ausgearbeitet, im Herbst sollen erste Entscheidungen fallen.

Merz betonte in Osnabrück, dass die geplanten Sozialstaatsreformen in einer Koalition mit der SPD "nicht so ganz einfach" seien. "Das ist ein Bohren dicker Bretter." Das Vorhaben sei "anstrengend für die Sozialdemokraten, für uns übrigens auch – und ich mache es denen auch bewusst nicht leicht", sagte Merz. Die von ihm geführte Regierung habe aber die Pflicht zu liefern, so der Bundeskanzler. "Ich bin mit dem, was wir bis jetzt geschafft haben, nicht zufrieden", sagte er. "Das muss mehr werden, es muss noch besser werden."

SPD-Chef Klingbeil sprach sich für Reformen aus, warnte aber vor Ungerechtigkeit. "Wir brauchen Strukturreformen, um die Beiträge dauerhaft stabil zu halten", sagte Klingbeil den Funke-Zeitungen vom Samstag. "Dabei erwarte ich von allen Verantwortlichen mehr Fantasie als einfach nur Leistungskürzungen für die Arbeitnehmer." Bei allen Reformen müsse gelten: "Wir bleiben ein Land, das Menschen hilft, die in Not geraten, die krank werden und Hilfe brauchen."

"SPD darf da keinen Zentimeter mitgehen"

Juso-Chef Türmer erklärte Sozialkürzungen zur roten Linie für die SPD und betonte, dass die Bürgergeldreform eine Gewissensfrage für die Abgeordneten sein könne. "Wenn die Idee hinter einem Herbst der Reformen Sozial- und Leistungskürzungen sind, kann ich nur klipp und klar sagen: Die SPD darf da keinen Zentimeter mitgehen", sagte Türmer der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten".

Auch bei der Reform des Bürgergeldes gelte: "Jeder Abgeordnete sollte gut prüfen, welcher Änderung er zustimmen kann", sagte der Juso-Chef. "Die Gewissensfreiheit der Abgeordneten gilt auch bei sozialen Themen". CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann forderte hingegen einen "Paradigmenwechsel" beim Bürgergeld: Das Land stehe mit dem Rücken zur Wand, "weil der Sozialstaat nicht mehr finanzierbar geworden ist", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung" vom Samstag.

Linken-Fraktionschefin Heidi Reichinnek warnte vor einem "Herbst der sozialen Grausamkeiten". Aktuell sei zu erleben, "wie Arbeitsrechte und Sozialstaat in einer massiven Kampagne von Think Tanks, Arbeitgeberverbänden und so genannten Expertinnen und Experten angegriffen werden", sagte Reichinnek der Nachrichtenagentur AFP. Die Union bilde "die Speerspitze der Angriffe". Reichinnek forderte eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer.

"Kapitalgedecktes System wie die Aktienpension"

FDP-Chef Christian Dürr warf der Koalition vor, die Reformen auf die lange Bank zu schieben. "Man kann natürlich weiter Kommissionen gründen und über Gerechtigkeit philosophieren – oder man fängt endlich an, mutige Reformen anzustoßen", sagte Dürr zu AFP. Er schlug mehr private Vorsorge bei der Altersabsicherung vor – zum Beispiel durch ein "kapitalgedecktes System wie die Aktienpension".

{title && {title} } red, {title && {title} } Akt. 23.08.2025, 22:01, 23.08.2025, 16:14
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