Die Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und SPÖ sind gescheitert, Karl Nehammer tritt als Bundeskanzler und Parteichef zurück.
Wie es jetzt weitergeht, wird sich in den nächsten Tagen klären. Eines der Szenarien, das nun möglich ist, sind Neuwahlen. Die können aber nicht per sofort angesetzt werden – es bedarf eines parlamentarischen Prozederes und der Einhaltung gewisser Fristen. "Heute" erklärt, wie es funktioniert. Demnach könnten wir wohl frühestens im Mai zu den Urnen schreiten.
Um Neuwahlen den Weg zu bereiten, muss zunächst der Nationalrat seine Auflösung beschließen. Die nächste reguläre Nationalratssitzung ist am 22. Jänner – theoretisch könnte dieser Beschluss (eine einfache Mehrheit ist nötig) dann gefasst werden.
Grundlage für eine solche Auflösung des Nationalrats ist eine Gesetzesinitiative für ein Bundesgesetz, mit dem die normalerweise fünf Jahre dauernde Gesetzgebungsperiode vorzeitig beendet wird. Das entsprechende Gesetz muss dann, wie jedes Bundesgesetz, vom Bundespräsidenten beurkundet vom Bundeskanzler gegengezeichnet und anschließend im Bundesgesetzblatt kundgemacht werden. Das Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes bildet dann die Grundlage für die Ausschreibung von Neuwahlen.
Bis sich der neugewählte Nationalrat konstituiert, bleibt der alte bestehen und kann weiterarbeiten.
Der Neuwahlantrag muss in einer Nationalratssitzung eingebracht werden. Er wird dann vom Verfassungsausschuss behandelt und muss im Plenum abgesegnet werden. Nachdem der Nationalrat seine Auflösung beschlossen hat, muss der Ministerrat eine Verordnung mit dem Wahltermin sowie dem 82 Tage davor liegenden Stichtag beschließen.
Von diesem Stichtag weg beginnen gewisse Fristen zu laufen – etwa für die Konstituierung der Wahlbehörden oder das Sammeln von Unterstützungserklärungen für Kleinparteien.
Allein der parlamentarische Prozess sowie die Kundmachung dauern sicher drei Wochen. Dann beginnt die 82-Tage-Frist zu laufen. Vom Neuwahlbeschluss bis zum Wahltag dauert es also gut drei Monate.
Wir könnten demnach frühestens Anfang/Mitte Mai zu den Wahlurnen schreiten.
Und der Prozess der Regierungsbildung würde sich wohl über den Sommer ziehen. De facto hätten wir dann rund ein Jahr verloren – wovor zuletzt etwa der Salzburger ÖVP-Landeshauptmann Wilfried Haslauer angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Situation Österreichs warnte: "Neuwahlen wären die schlechteste Variante."
Theoretisch gibt es im übrigen auch die Möglichkeit, dass der Nationalrat vom Bundespräsidenten auf Vorschlag der Regierung aufgelöst wird. Die Auflösung des Nationalrates erfolgt dann durch eine Entschließung des Bundespräsidenten, die vom Bundeskanzler gegenzuzeichnen ist. Sie wird wirksam, sobald sie dem Nationalratspräsidenten zugegangen ist. Der Nationalrat ist damit sofort aufgelöst, die Gesetzgebungsperiode beendet. Die Neuwahl ist in diesem Fall zeitlich so anzusetzen, dass der neugewählte Nationalrat längstens am 100. Tag nach der Auflösung zusammentreten kann.
Diese Form der Auflösung des Nationalrats durch den Bundespräsidenten hat es in der Zweiten Republik noch nicht gegeben.
Durch Selbstauflösung des Nationalrats und vorzeitige Neuwahlen wurden in der Zweiten Republik hingegen 19 von 26 Gesetzgebungsperioden beendet.