Der Amazonas überrascht mit einem ungewöhnlichen Klimawandel-Effekt: Seine Bäume werden immer größer. Wie ein internationales Forscherteam im Fachjournal "Nature Plants" berichtet, ist der Grund dafür der seit Jahrzehnten steigende CO2-Gehalt in der Atmosphäre.
Im Schnitt wachsen die Bäume seit rund 30 Jahren um 3,2 Prozent pro Jahrzehnt - und zwar nicht nur kleine, sondern auch die größten Giganten des Regenwaldes. "Selbst die ältesten und höchsten Bäume sind trotz der Bedrohungen weitergewachsen", erklärt Co-Autorin Beatriz Marimon von der Universität Mato Grosso.
Der Effekt klingt positiv: Große Bäume speichern besonders viel Kohlendioxid und sind damit ein wichtiger Puffer gegen den Klimawandel. "Die stimulierende Wirkung von CO2 auf das Wachstum bleibt bestehen. Das zeigt die Widerstandsfähigkeit dieser Wälder - zumindest bisher", ergänzt Adriane Esquivel-Muelbert von der Universität Cambridge.
Doch Forscher warnen: Mehr CO2 bedeutet, dass Bäume ihre Blattöffnungen weniger weit öffnen müssen, um zu "atmen". Sie verlieren dadurch weniger Wasserdampf und benötigen weniger Bodenwasser - dies könne tropische Regengüsse reduzieren, so die Expertin Kirsten Thonicke vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung.
Noch gravierender ist die Abholzung: Seit 1985 sind im brasilianischen Amazonas rund 52 Millionen Hektar Wald verschwunden - mehr Fläche als ganz Spanien. Landesweit beträgt der Verlust laut der Initiative "MapBiomas" 112 Millionen Hektar - das 13-Fache der Fläche Österreichs.
"Große tropische Bäume sind Hunderte Jahre alt. Neue Pflanzungen können ihre Funktionen nicht ersetzen", warnt Rebecca Banbury Morgan von der Universität Bristol. Fakt ist: Der Amazonas wächst in den Himmel - gleichzeitig schwindet er auf der Erde in rasantem Tempo.