Gesundheit

Mädchen isst seit 10 Jahren nur Chicken Nuggets

Ein Schulmädchen, das jahrzehntelang nur von Chicken Nuggets lebte, hat endlich ihre Essensphobie überwunden.

Sabine Primes
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Könntest du dir vorstellen, dich 10 Jahre ausschließlich von Chicken Nuggets zu ernähren?
Könntest du dir vorstellen, dich 10 Jahre ausschließlich von Chicken Nuggets zu ernähren?
Getty Images/iStockphoto

Der Speiseplan der 11-jährigen Jessica Thompson, aus Swindon, Wiltshire, in Großbritannien bestand bis vor kurzem ausschließlich aus Chicken Nuggets, nachdem sie sich im Alter von 18 Monaten plötzlich geweigert hatte, neue Lebensmittel auszuprobieren.

Ihre Mutter, Julia Cain, 49, hat keine Ahnung, was die Angst und Panik um das Essen ausgelöst hat – aber nachdem sie professionelle Hilfe gesucht hatte, wurde bei Jessica im September eine vermeidende restriktive Nahrungsmittelaufnahmestörung (ARFID) diagnostiziert. Menschen, die an ARFID leiden, entwickeln eine Phobie gegen die Textur, den Geruch oder das Aussehen bestimmter Lebensmittel und weigern sich, sie zu probieren.

Bei der vermeidenden/restriktiven Essstörung wird nur sehr wenig gegessen und/oder bestimmte Nahrungsmittel gemieden. Möglicherweise essen sie so wenig, dass sie erheblich an Gewicht abnehmen. Kinder, die an dieser Störung leiden, wachsen eventuell nicht erwartungsgemäß. Nährstoffmängel sind häufig und können lebensbedrohlich sein.
Aufgrund ihrer Essstörung fällt es Menschen mit dieser Störung schwer, an normalen sozialen Aktivitäten wie zum Beispiel einem gemeinsamen Essen mit anderen Personen teilzunehmen oder Beziehungen mit anderen aufrechtzuerhalten.
Die kognitive Verhaltenstherapie kann Personen mit vermeidender/restriktiver Essstörung dabei helfen, ein normales Essverhalten zu erlernen. Sie kann sie dabei unterstützen, sich weniger Sorgen darum zu machen, was sie essen.

"Zu Weihnachten konnten wir kein Weihnachtsessen als Familie genießen, weil Jessica sich weigerte, es auch nur  zu probieren", schildert die Mutter. "Sie aß immer einen Teller Nuggets und in einem Jahr aß sie sogar eine Scheibe trockenes Brot"

Gutgemeinte Ratschläge anderer wie "Wenn du nicht nachgibst, wird sie hungrig und isst, was du ihr gibst", halfen nicht. Jessica wäre lieber verhungert, als etwas zu essen. "Wir wussten, dass sie mehr als pingelig ist, aber wir hätten nie gedacht, dass sie ein Jahrzehnt ihres Lebens damit verbringen würde, Chicken Nuggets zu essen." Das Mädchen wurde im Laufe der Jahre von Ärzten als "wählerisch" abgestempelt und blieb bei beigefarbenen Lebensmitteln wie Nuggets, Brot und Pommes.

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    Chefkoch Christoph Stiglitz vom Restaurant "Handwerk" im Arcotel Wimberger.
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    Sabine Hertel

    Nur ein Experte konnte helfen

    "Als Eltern wollen Sie nur, dass Ihr Kind isst", war die Mutter verzweifelt. Schließlich kontaktierte sie den Hypnotherapeuten David Kilmurry, der bei ihr ARFID diagnostizierte. Wichtig sei, zu verstehen, dass es sich um eine Krankheit handelt, nicht nur um Aufregung, plädiert sie für mehr Verständnis.

    "Der Versuch, Jessica oder eine andere Person mit ARFID zum Verzehr zu bewegen, ist wie der Versuch, einen Spinnenhasser dazu zu bringen, eine Spinne zu halten", erklärt David Kilmurry das Krankheitsbild. "Es sendet Panik durch den Körper einer Person, die sich würgt, würgt und erbricht - nur bei dem Gedanken an ein unsicheres oder neues Lebensmittel."

    Nach nur drei Wochen mit ihm, dem Hören von Entspannungs-MP4s vor dem Essen und einer Leistungstabelle kann Jessica zum ersten Mal seit 10 Jahren mit ihrer Familie gemeinsam essen kann. "Sie hat 24 neue Lebensmittel probiert, und obwohl sie nicht alle gemocht hat, ist dies für sie ein großer Schritt nach vorne", erzählt die Mutter erleichtert.