Der Misstrauensantrag ging auf eine Initiative des rumänischen Abgeordneten Gheorghe Piperea von der Rechtsaußen-Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) zurück. Darin wird von der Leyen unter anderem Intransparenz im Zusammenhang mit der Beschaffung von Impfstoffen während der Corona-Pandemie vorgeworfen.
Ein solcher Antrag ist die schärfste Waffe, die im Parlament gegen die EU-Kommission eingesetzt werden kann. Die Hürde für einen Erfolg ist jedoch hoch. Im Falle der Anwesenheit aller EU-Parlamentarier wären 480 Stimmen für ein erfolgreiches Misstrauensvotum notwendig.
Mehrere Fraktionen hatten sich der Kritik an intransparenter Arbeit der Kommission zwar angeschlossen, doch die notwendige Zweidrittelmehrheit wurde bei der Abstimmung dann bei Weitem nicht erreicht. Um kurz nach 12 Uhr mittags war es fix: Von der Leyen bleibt EU-Kommissionspräsidentin.
Dass es überhaupt zu der Abstimmung über von der Leyen kommt, war leichter zu erreichen. Dazu brauchten die Initiatoren nur die Unterstützung von zehn Prozent der 720 Abgeordneten. Die Fraktionsvorsitzenden hatten am Mittwoch vergangener Woche festgestellt, dass mindestens 72 Abgeordnete den Antrag unterzeichnet hatten.
Bisher kam kein Misstrauensvotum im EU-Parlament auch nur in die Nähe einer Zweidrittelmehrheit. Über den einzig erfolgreichen Antrag zur Absetzung einer Kommission wurde indes nie abgestimmt. Kommissionspräsident Jacques Santer kam im März 1999 dem Votum zuvor, die Kommission trat geschlossen zurück.
Ging es bei den ersten Misstrauensanträgen häufig noch um eine größere Mitsprache des Parlaments in Haushaltsfragen oder in der Landwirtschaftspolitik, wurde das Instrument seit den 1990er Jahren immer häufiger von EU-skeptischen Parteien genutzt, um ihrer Kritik an der Kommission mehr Gehör zu verschaffen.
Das bislang letzte Misstrauensvotum im EU-Parlament liegt mehr als zehn Jahre zurück. Damals scheiterten rechte und EU-skeptische Parteien damit, Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zu stürzen.
Bei der Abstimmung über von der Leyen wurden im Vorfeld davon ausgegangen, dass neben ihrer Europäischen Volkspartei (EVP), der größten Fraktion im EU-Parlament, auch große Teile der Sozialdemokraten, Grünen und Liberalen gegen den Antrag stimmen werden.
Selbst die Rechtsaußen-Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR), deren rumänischer Abgeordneter Gheroghe Piperea für den Antrag verantwortlich zeichnet, wollte nach eigenen Angaben mehrheitlich nicht für eine Absetzung der Kommission votieren.
In der Sache teilten zwar viele Abgeordnete aller Fraktionen außerhalb der EVP die Kritik der Antragsteller: Sie werfen der Kommissionspräsidentin unter anderem mangelnde Transparenz bei der Beschaffung von Impfstoffen während der Pandemie sowie einen zentralistischen Führungsstil vor. Dennoch wollen viele der Kritiker dem Misstrauensantrag nicht zum Erfolg verhelfen.
(Mit Material der AFP; Update 12.15 Uhr)