Bei der wichtigen Parlamentswahl in Moldau liegt die pro-europäische Regierungspartei PAS von Staatschefin Maia Sandu nach Auszählung fast aller Stimmen klar vorne. Nach dem vorläufigen Ergebnis mit knapp 95 Prozent der ausgezählten Stimmen kommt die seit 2021 regierende PAS auf 48,3 Prozent, wie die Wahlkommission am frühen Montag mitteilte. Der pro-russische Patriotische Block erreichte laut diesen Zahlen 25,5 Prozent.
Der Wahltag war überschattet von Vorwürfen der Staatschefin und der EU-Kommission, wonach Russland massiv versucht habe, die Wahl für sich zu beeinflussen. In den meisten Umfragen lag zuletzt Sandus Partei PAS vorne, trotzdem galt das Ergebnis als völlig offen.
Sandu bezeichnete die Parlamentswahl im Vorfeld als "die wichtigste in der Geschichte" des Landes. Nach ihrer Stimmabgabe in Chisinau sagte sie am Sonntag, Moldau sei in "Gefahr": "Wenn die Moldauer nicht ausreichend mobilisiert werden und wenn die russische Einmischung bedeutende Auswirkungen auf unsere Wahl hat, könnte Moldau alles verlieren, was es gewonnen hat, und dies könnte auch ein bedeutendes Risiko für andere Länder wie die Ukraine bedeuten."
In den Wochen vor der Wahl gab es laut Sandu hunderte Razzien wegen mutmaßlicher Wahlmanipulation und "Destabilisierungsversuchen", dutzende Verdächtige wurden festgenommen. Auch die EU-Kommission sprach von einer "beispiellosen Desinformationskampagne" Russlands. Moskau weist die Vorwürfe zurück. Die pro-russische Opposition wiederum wirft der regierenden PAS vor, selbst einen Wahlbetrug zu planen.
Der Chef der oppositionellen und pro-russischen Sozialistischen Partei, Ex-Präsident Igor Dodon, rief die Moldauer am Montag zu Protesten auf. "Wenn es in der Nacht zu Fälschungen kommt, werden wir (das Ergebnis) der Parlamentswahlen morgen nicht anerkennen und eine Wahlwiederholung fordern", sagte Dodon am späten Sonntag vor dem Gebäude der Wahlkommission, wo er sich mit einigen Anhängern versammelt hatte.
Die Wahlbeteiligung lag bei Schließung der Wahllokale in Moldau um 21 Uhr Ortszeit (20 Uhr MESZ) bei 51,9 Prozent. Moldauer im Ausland konnten noch bis zur jeweiligen Ortszeit 21 Uhr ihre Stimme abgeben. Bei der Parlamentswahl 2021 hatte die endgültige Wahlbeteiligung 52,3 Prozent betragen.
"Statistisch gesehen hat die PAS eine knappe Mehrheit erreicht", sagte Politikexperte Andrei Curararu vom moldauischen Politikinstitut Watchdog zur Nachrichtenagentur AFP. Er warnte aber, dass es "schwierig werden könnte, eine funktionsfähige Regierung zu bilden". Der Kreml habe schon zu viel investiert, um jetzt aufzugeben. Moskau könnte "zu Protesten, Bestechung von PAS-Abgeordneten und anderen Taktiken greifen, um die Bildung einer stabilen pro-europäischen Regierung zu stören", meinte Curararu.
Die ehemalige Sowjetrepublik Moldau, die seit Juni 2024 offiziell über einen EU-Beitritt verhandelt, zählt weiterhin zu den ärmsten Ländern Europas. Die Unzufriedenheit unter den rund 2,4 Millionen Menschen wächst, seit dem klaren Wahlsieg 2021 hat Sandus PAS an Rückhalt verloren. Der oppositionelle Patriotische Block wirft der Regierungspartei vor, durch den Bruch mit Moskau die wirtschaftliche Lage verschlechtert und die Gaspreise stark erhöht zu haben.
"Ich will höhere Löhne und Pensionen", sagte der 51-jährige Schweißer Wasil, der seinen Nachnamen nicht nennen wollte, am Sonntag in einem Wahllokal in Chisinau. Er wolle, "dass die Dinge so weitergehen wie während russischer Zeiten". Die 68-jährige Paulina Bojoga meinte, sie wünsche sich, dass Moldau "zu anderen europäischen Ländern aufschließt, denn Europa hat alles, was wir brauchen". Die Pensionistin, die früher in Italien gelebt hatte, räumte aber ein: "Die Sache steht auf Messers Schneide."