Die Zuckerproduktion in Österreich steckt in der Krise. Nachdem im Frühjahr bereits 120 Mitarbeiter in tschechischen Hrušovany und 150 am Standort Leopoldsdorf ihre Jobs verloren hatten, schwebte die mögliche dritte diesjährige Schließung eines Agrana-Werks wie ein Damoklesschwert über den Beschäftigten am verbliebenen Standort Tulln.
Das mögliche Aus des dortigen Agarana-Werks bedrohte auch die 4.700 Rübenbauern in Österreich, von denen die große Mehrheit in Niederösterreich angesiedelt ist. Im flächenmäßig größten Bundesland Österreichs sind es 3.400 landwirtschaftliche Betriebe. Ein neuer Dreijahresvertrag sorgt jetzt für Aufatmen.
Erst vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass der Konzern plant bis zu 500 Stellen zu streichen – ein Großteil davon in Österreich. Die Agrana, die hierzulande aktuell rund 2500 Personen beschäftigt, beteurte gegenüber verschiedenen Medien den Job-Abbau durch Nicht-Nachbesetzungen und einvernehmliche Auflösungen durchführen zu wollen.
Der Konzern nannte eine Vielzahl an Gründen, die diesen Schritt notwendig machen würden: So hieß es, dass Markt- und Klimadruck beim Anbau, Fortschritte bei der Zurückdrängung von Pestiziden auf österreichischen Böden und schließlich gestiegene Energiepreise, das Geschäft schrumpfen hätten lassen.
Am Mittwoch, 3. Dezember 2025, fand ein Gipfeltreffen der Zuckerindustrie im Landwirtschaftsministerium statt, der offenbarte wie die Politik plant die monopolistische Stellung des Konzerns in Österreich zu sichern: Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) verlautbarte nämlich, dass er sich auf EU-Ebene gegen neue Freihandelsabkommen einsetzen wolle. Auch gegen das Verbot von Pflanzenschutzmitteln wolle man kämpfen, weil es laut dem ÖVP-Politiker keine Alternativen für Rübenbauern gäbe.
Teilnehmer gaben ein klares Bekenntnis zum Rübenanbau und zur Verarbeitung am Standort Tulln ab. Eine gigantische Menge an Rüben wird dort tagtäglich verarbeitet. Laut einem ORF-Bericht sollen es bis zu 14.000 Tonnen täglich sein. Aktuell laufe eine Zuckerrübenkampagne, die voraussichtlich bis Jänner weitergeht.
Dabei geht es um Abnahmequoten für Landwirte. Heuer seien bereits 95 Prozent der Ernte eingebracht, schrieben die Niederösterreichischen Nachrichten (NÖN). Die Verträge für den Anbau im kommenden Jahr würden zu Jahresbeginn gültig werden. Aus Sicht der Agrana, so betont es das Unternehmen, leiste man damit einen bedeutenden Beitrag zur verlässlichen Zusammenarbeit mit den Landwirten.
"Agrana hat gemeinsam mit dem Rübenbauernbund eine Vereinbarung über die Anbaukonditionen für die kommenden drei Jahre getroffen", schrieb der Konzern in einer Aussendung. Durch konstruktive Verhandlungen mit der Interessenvertretung der Rübenbauern habe ein neues Preismodell entwickelt werden können, das den aktuellen Gegebenheiten Rechnung trage.
Der Landwirtschaftsminister kommentierte indes: "Faire Rahmenbedingungen, wirkungsvolle Werkzeuge sowie das klare Bekenntnis zum Standort sind die Grundlage für unsere Bäuerinnen und Bauern, die Produktion auch in Zukunft abzusichern."
Auch Agrana-Vorstandschef Stephan Büttner sprach von der großen Wichtigkeit der Einigung am vergangenen Mittwoch. Sie sei "ein wichtiger Schritt für die Sicherstellung des Zuckerproduktionsstandortes Österreichs und trägt wesentlich zur Planungssicherheit für Bauern und Agrana bei."
Rübenbauernpräsident Ernst Karpfinger sagte im Rahmen des Gippeltreffens, dass die regionale Produktion für die Versorgungssicherheit und die Wertschöpfung im ländlichen Raum von großer Bedeutung sei: "Der österreichische Rübenanbau steckt in der schwersten Krise seit dem Ende der Zuckerquoten. Damit unsere Bauern wieder Perspektiven haben, brauchen wir klare Unterstützung", heißt es in einer diesbezüglichen Aussendung.
Die besagte Einigung über Preise und Anbauquoten gilt bis 2029. Die Details des Vertrags wurden jedoch nicht öffentlich. Die Gipfelteilnehmer betonten die Zuckerproduktion in Österreich langfristig sichern zu wollen – auch wenn die Preise niedrig und der Konkurrenzdruck hoch sei. Das Agrana-Werk in Tulln bleibt, wie versichert wurde, weiterhin in Betrieb.