Neustrukturierung geplant

ÖBB wollen Einsatzleiter einsparen, ernten Kritik

Die ÖBB planen eine Neustrukturierung im Notfallmanagement. Bei Einsatzleitern soll gespart werden, nicht von allen ist dieser Schritt gerne gesehen.
Wien Heute
31.10.2025, 14:09
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Es kann schneller passieren als gedacht: Mitten in der Nacht entgleist ein Zug – Feuerwehr und Rettung stehen bereit, doch niemand darf helfen. Weil die Oberleitung noch unter Strom stehen könnte, entscheidet allein ein ÖBB-Einsatzleiter über den Zutritt. Doch genau diese Sicherheitsprofis sollen bald vielerorts fehlen – ausgerechnet zwischen 22 und 6 Uhr. Was passiert, wenn im Ernstfall kein Fachmann mehr vor Ort ist? Eine Debatte, die jetzt hochkocht.

Nur Profis dürfen entscheiden

In Notfällen liegt die Entscheidung, wer wann den Gleisbereich betreten darf, bei den Einsatzleitern der ÖBB, wie SPÖ-Bundesrat und ÖBB-Lokführer Daniel Schmid im "Kurier" erklärt. Er schildert ein Beispiel: "Ein Zug fährt von Wörgl in Richtung Saalfelden und entgleist im Gemeindegebiet von Leogang. Feuerwehr, Rettung und Polizei sind nach zehn Minuten da – aber sie dürfen nicht helfen. Erst, wenn die Oberleitung geerdet ist, kann der Gleisbereich betreten werden. Diese Erdung darf ausschließlich durch den Einsatzleiter der ÖBB vorgenommen werden."

Acht Stunden lang kein Leiter vor Ort

Nun teilte die Gewerkschaft vida am Freitag mit, dass "ab spätestens 2027" an vielen Bahnhöfen zwischen 22 und 6 Uhr keine Einsatzleiter mehr im Dienst sein sollen. In so einer Situation wäre dann "keine qualifizierte Entscheidungskraft" direkt vor Ort, sollte es zu einem Notfall kommen.

Laut Gewerkschaft sollen Digitalisierung und technischer Fortschritt dazu führen, dass Menschen durch Technik ersetzt werden. Dabei seien Einsatzleiter und Zugbegleiter "keine verzichtbaren Kostenstellen, sondern tragende Säulen der Sicherheit im Bahnverkehr", so der oberste vida-Bahngewerkschafter Gerhard Tauchner.

Sieben Bahnhöfe betroffen.

Nachts sollen laut Gewerkschaft etwa an den Standorten Wien-Floridsdorf, Linz, Salzburg, Saalfelden, Gänserndorf, Mürzzuschlag und Lienz keine Einsatzleiter mehr vor Ort sein. Allerdings zeigt der aktuelle ÖBB-Fahrplan, dass in der Tiroler Bezirksstadt Lienz (Drautalbahn) zu dieser Zeit ohnehin kein Personenzug mehr fährt. Der Warteraum schließt um 22 Uhr und öffnet wieder um 5.30 Uhr.

Einsatzbereitschaft in Wien gewährleistet

Im Großraum Wien ist die Situation anders. Die ÖBB betonen, dass durch die hohe Dichte an Einsatzleiter-Standorten im Wiener Stadtgebiet und in der Umgebung – etwa am Hauptbahnhof, in Heiligenstadt, Hütteldorf, Süßenbrunn und am Zentralverschiebebahnhof – Floridsdorf im Notfall "innerhalb weniger Minuten erreichbar ist". Es werde mit Blaulicht gefahren.

Deshalb soll Floridsdorf ab Jänner 2027 nicht mehr durchgehend besetzt sein. "Die Einsatzbereitschaft bleibt immer gewährleistet, denn etwaige Ereignisse in diesen Zeiträumen werden durch klar definierte Nachbarstandorte abgedeckt." Zu anderen Standorten und wie viele es am Ende noch sein werden, wollten die ÖBB vorerst keine weiteren Angaben machen.

Neustrukturierung statt Einsparungen

Betont wird allerdings, dass die Änderungen nicht auf geplante Einsparungen hindeuten. Gegenüber der APA wurde auf eine Neustrukturierung hingewiesen, samt "Aufbau von hauptberuflichen Einsatzleitern". Die ÖBB haben laut eigenen Angaben festgestellt, dass die Standorte unterschiedlich beansprucht werden. "Beispielsweise ist bei einer Regionalbahn, wo in der Nacht kein Zug fährt, das Risiko eines Einsatzes sehr gering." Daher wird evaluiert, wie das Konzept mit den Einsatzleitern optimiert werden kann.

"Entgegen den formulierten Behauptungen wird es nicht zu Einsparungen kommen, sondern es handelt sich um eine Neustrukturierung, die in Summe sogar zu einem Aufbau von hauptberuflichen Einsatzleitern führt, und auch das bereits hohe Sicherheitsniveau steigt durch die neuen technischen Möglichkeiten weiter." Es soll also laut ÖBB keine Sicherheitslücken geben.

Investitionen ins Notfallmanagement

Derzeit gibt es österreichweit 55 Standorte mit Einsatzleitern. Das Notfallmanagement der ÖBB kommt bei technischen Defekten, Unwetterschäden oder Unfällen zum Einsatz. Die ÖBB investieren laut eigenen Angaben kräftig in das Notfallmanagement – rund 260 Millionen Euro fließen aktuell in neue Rettungszüge. Außerdem werden Drohnen schon probeweise eingesetzt, "um die Einsatzleiter:innen zu unterstützen und zu entlasten. Ein flächendeckender Einsatz ist für die kommenden Jahre geplant."

Ein weiteres Thema ist der mögliche Wegfall von Zugbegleitern. Laut Schmid sollen mehr Züge im sogenannten "Null-zu-null"-Betrieb unterwegs sein. Das heißt, es gibt keine Zugbegleiter mehr, sondern nur noch eine Lokführerin oder einen Lokführer, der alleine für den gesamten Zug verantwortlich ist. "Dann werden Fahrgäste im Notfall völlig sich selbst überlassen."

{title && {title} } red, {title && {title} } 31.10.2025, 14:09
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