Wirtschaftlich und bei der Inflation sind wir zwar gar nicht vorbildlich unterwegs. Zumindest beim Thema Schienenverkehr kann sich jedoch der Rest Europas von uns etwas abschauen. Der süße Sieg in Zahlen: Laut einer aktuellen Auswertung des Verkehrsclub Österreich (VCÖ) legen die Menschen hierzulande im Schnitt 2.335 Kilometer pro Jahr mit Bahn, Straßenbahn und U-Bahn zurück. Damit ist Österreich EU-Champion im Schienenverkehr. Nur die Schweiz – und die zählt ja bekanntlich nicht zur EU – fährt uns mit 2.630 Kilometern pro Kopf davon.
Zum Vergleich: In Frankreich werden pro Person rund 1.720 Kilometer mit der Bahn zurückgelegt, in Schweden 1.485 und in Deutschland 1.410 Kilometer. Deutlich unter dem EU-Schnitt von 1.140 Kilometern bleiben unter anderem Spanien (890 Kilometer), Polen (815 Kilometer) und Bulgarien (415 Kilometer).
Ebenfalls extrem stark ist Österreich bei der Nutzung von Straßenbahnen und U-Bahnen: 750 Kilometer fährt jeder von uns im Schnitt pro Jahr damit – auch hier belegen wir den ersten Platz in der Europäischen Union. An zweiter Stelle liegt in dieser Wertung Tschechien mit 480 Kilometern. "Gerade für Städte sind leistungsstarke Verkehrsmittel enorm wichtig. Die Fahrgäste von Straßenbahnen und U-Bahnen leisten einen wichtigen Beitrag, dass es weniger Staus und weniger Abgasbelastung gibt", betont VCÖ-Experte Michael Schwendinger.
So befördert die Straßenbahnlinie 6 in Wien im Frühverkehr zwischen sechs und acht Uhr insgesamt 11.000 Fahrgäste und ersetzt damit bei aktuellem Pkw-Besetzungsgrad rund 9.600 Autos, schreibt der VCÖ in seiner Analyse. Eine U-Bahn-Linie transportiert im Frühverkehr in beide Fahrtrichtungen rund 30.000 Fahrgäste pro Stunde. Um gleich viele Personen mit dem Auto zu transportieren, bräuchte es beim aktuellen Besetzungsgrad 13 Kfz-Fahrbahnen.
Trotz der erfreulichen Spitzenwerte sieht der VCÖ in Österreich noch das Potenzial, die auf der Schiene gefahrenen Kilometer deutlich zu erhöhen. Zum einen könnten Unternehmen mit betrieblichem Mobilitätsmanagement dazu beitragen, dass mehr Beschäftigte mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit kommen. Und Tourismusregionen könnten Maßnahmen setzen, damit mehr Gäste mit dem Zug anreisen und vor Ort mit öffentlichen Verkehrsmitteln mobil sind, betont der VCÖ.
Wichtig sei aber auch, die Anbindung von Bahnhöfen insbesondere in den Regionen zu verbessern, stellt der VCÖ fest. Im Idealfall seien Linienbusse die Zubringer, in dünner besiedelten Regionen könnten "bedarfsorientierte Angebote", sogenannte Mikro-ÖV, eine Lösung darstellen, "damit Fahrgäste den Bahnhof öffentlich erreichen können beziehungsweise vom Bahnhof ans Ziel kommen".
Zusätzlich mache die Anbindung von Bahnhöfen ans Radwegenetz den Umstieg auf die Bahn attraktiver. Etliche Städte würden mittlerweile E-Scooter-Sharing für die Fahrt zum Bahnhof anbieten, ein Mobilitätsangebot, das jedoch mit Einführung einer Helmpflicht wegfallen werde.