Schuld ist Postkasten

Ohne Vorwarnung: Gericht lässt Wiener Wohnung ausräumen

Extremer Vorfall in Wien-Simmering. Benedikt Sticks fordert von seinem Vermieter Reparaturarbeiten ein, stattdessen wird die Wohnung leergeräumt.
Michael Pollak
26.08.2025, 21:47
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Stell dir vor, du kommst nach der Arbeit heim, und deine Wohnung wird gerade von Fremden leergeräumt. Es sind keine Kriminellen, sie handeln im Auftrag des Gerichtsvollziehers, der mitten im Wohnzimmer steht. Er übergibt einen offiziellen Zettel: Delogierung, sofortige Räumung der Wohnung per Gerichtsbeschluss! Diesen Horror erlebte Benedikt Sticks (Name von der Redaktion geändert).

Die Vorgeschichte zum Drama mitten in Wien-Simmering: Mieter Sticks beanstandete im April "notwendige Erhaltungsarbeiten". Der Plan war geschmiedet, während einer Abwesenheit des Mittvierzigers sollten die Reparaturen erledigt werden. Um den Zugang zu erleichtern, schickte er seine Schlüssel per Post an den Vermieter. "Wohl ein ganz normaler Vorgang", dachte sich Sticks damals noch und hoffte bei seiner Rückkehr eine sanierte Wohnung aufzufinden.

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Vermieter dachte, der Mieter gibt die Wohnung auf!

Doch es kam ganz anders, erfährt "Heute" aus der Mietervereinigung: "Der Vermieter interpretierte die Schlüsselzusendung kurzerhand als 'freiwillige Wohnungsrückgabe' – und stellte die Situation gegenüber dem Gericht so dar, als wäre der Mieter bereits ausgezogen. Auf dieser Grundlage leitete er ein gerichtliches Räumungsverfahren ein."

Wo blieb der gelbe Post-Zettel?

Das Unglück nahm seinen Lauf, der Mieter erfuhr allerdings nichts von diesem Verfahren, obwohl wie vorgesehen ein RSb-Brief an ihn verschickt wurde. Zunächst fand der Postbote Benedikt Sticks nicht vor und dann war auch noch sein Postkasten aufgebrochen. Die Folge: Der berühmte gelbe Zettel der Post erreichte den Mieter nie.

Auch gültig, wenn Mieter keine Warnung bekam

Blöd nur: Nach dem Zustellgesetz gilt, "die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die [..] Verständigung beschädigt oder entfernt wurde." Also obwohl der Mieter keinen gelben Zettel bekam, läuft das Verfahren weiter und die gerichtlichen Fristen bleiben in Kraft.

In diesem Fall hatte Sticks keine "Möglichkeit zur Stellungnahme, keine Verhandlung, kein rechtliches Gehör. So kam es zur Zwangsräumung auf Basis eines Versäumnisurteils, von dem der Mieter nichts wusste", so die Mietervereinigung.

Mieter muss – noch – nicht auf der Straße leben

Benedikt Sticks holte sich sofort Hilfe bei der Mietervereinigung. Sie stoppte – vorläufig – die Delogierung und kämpft jetzt um eine "Wiedereinsetzung des vorigen Stands" – also um eine Fortführung des alten Mietvertrags. Wenn es der Mieter schafft, zu beweisen, dass eine ordnungsgemäße Zustellung des Briefes gar nicht möglich war, "dann wird das Verfahren komplett neu aufgerollt." Das heißt, Sticks bekommt die Räumungsklage erneut zugestellt. Noch lange gibt es also keine Entwarnung in der Situation.

Übrigens: Laut Mietervereinigung ist diese Geschichte "bei weitem kein Einzelfall – gerade bei der Zustellung und deren Nachweis kommt es öfters zu Problemen."

{title && {title} } POM, {title && {title} } 26.08.2025, 21:47
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