"Er schlug um sich"

Polizeieinsatz an Schule – Mutter verteidigt Sohn

Im Kanton Bern kam es zu einem Polizeieinsatz an einer Schule. Ein Schüler verletzte Lehrkräfte. Nun äußert sich die Mutter des Buben zum Vorfall.
20.08.2025, 19:00
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Im Kanton Bern griff ein Schüler vergangene Woche in einem Schulhaus Lehrer an und beschädigte Inventar. Um die Situation unter Kontrolle zu bringen, musste die Polizei eingreifen. Jetzt spricht die Mutter des Schülers mit "20 Minuten" über den Vorfall.

"Er wurde an der Schule immer gemobbt"

Ihr Sohn leide schon länger an der Schule, sagt die Mutter des Mittelstufenschülers zu 20 Minuten. Es habe bereits zwei ähnliche Ausbrüche gegeben, jedoch nie in diesem Ausmaß. "Er wurde an der Schule immer wieder gemobbt und provoziert", sagt sie besorgt. Die Familie habe das wiederholt bei der Schulleitung angesprochen. "Doch statt Unterstützung gab es nur Termine bei der Schulsozialarbeit." Ihr Sohn habe aus Verzweiflung und Wut über die Umstände gehandelt.

"Immer wurde sein Verhalten als Problem gesehen." Als er zunehmend weinend nach den Mobbingvorfällen nach Hause kam und sich selbst die Schuld an allem gab, habe sie einen Klassenwechsel beantragt. Dieser sei von der Schulleitung jedoch abgelehnt worden. 20 Minuten liegen entsprechende Unterlagen vor.

"Er war völlig überfordert"

Laut der Mutter kam es vergangene Woche in der großen Pause wieder zu einem Konflikt. "Mein Sohn bat Lehrer um Hilfe, doch laut seinen Aussagen reagierten sie kaum." Das habe ihn stark frustriert. Er sei in einen emotionalen Ausnahmezustand geraten und habe Schulmaterial, ein Glas sowie eine Scheibe beschädigt.

"In seiner Überforderung schlug er um sich, wobei einige Lehrkräfte verletzt wurden", schildert sie. Danach sei er aus dem Schulhaus geflüchtet und auf einen Baum geklettert. "Kurz darauf wurde ich kontaktiert und eilte zur Schule. Vor Ort erfuhr ich, dass er Personen verletzt hatte und die Polizei bereits gerufen worden war." Diese sei wenig später mit weiteren Einsatzkräften eingetroffen.

"Er kommt aus einem gesunden Umfeld"

"Die Einsatzkräfte redeten ruhig und verständnisvoll auf ihn ein, konnten aber zunächst nicht zu ihm durchdringen." Ein Familienmitglied habe ihn schließlich überzeugt, vom Baum zu steigen. "Er wurde erstversorgt und zur weiteren Abklärung an eine Anlaufstelle geschickt." Besonders positiv hebt sie das Verhalten der Polizei hervor: "Ich fühlte mich gut aufgehoben."

Dem Jungen gehe es so weit gut. "Ich bin froh, dass er momentan nicht zur Schule muss, damit er das Geschehene verarbeiten kann." Die Familie stehe in engem Kontakt mit dem Hausarzt und der Erziehungsberatung. "Er kommt aus einem gesunden, liebevollen Umfeld und wird als höflich und wissbegierig wahrgenommen", betont die Mutter.

Schulleitung: Abläufe werden systematisch analysiert

"Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes bitten wir um Verständnis, dass wir derzeit keine weiteren konkreteren Angaben zum Vorfall machen können", heißt es von der Schulleitung auf Anfrage von 20 Minuten.

Man könne jedoch festhalten, dass nach außerordentlichen Ereignissen routinemäßig im Rahmen eines Debriefings die internen Abläufe sowie das Verhalten und die Zusammenarbeit mit den beteiligten Stellen überprüft und bei Bedarf angepasst würden. Die Schulbehörde werde nach Abschluss dieses Prozesses über die gewonnenen Erkenntnisse informieren.

"Eskalationen entstehen selten plötzlich"

Wie kann es zu solchen Situationen kommen und was können die beteiligten Personen tun? 20 Minuten hat die Erziehungsexpertin Maren Tromm um eine Einschätzung gebeten.

"Eskalationen entstehen selten plötzlich", sagt Tromm. Oft stünden Belastungen wie Ausgrenzung, Überforderung oder fehlende Zugehörigkeit im Hintergrund. "Es ist wichtig, frühzeitig Signale wie Rückzug, psychosomatische Beschwerden oder Konflikte wahr- und ernst zu nehmen." Das Thema sei sehr komplex und vielschichtig. "Meine Einschätzungen können nur einen Abschnitt abbilden", betont Tromm.

Was können Bezugspersonen in Ausnahmesituationen tun?

Um solche Signale rechtzeitig zu erkennen, sollten Bezugspersonen bei Kindern wachsam hinschauen. Bauchschmerzen oder fehlende Freude an Schule und Hobbys seien Hinweise auf ein Leiden. "Ebenso zentral ist, einen Gesprächsraum zu öffnen – Kinder ernst zu nehmen, zuzuhören, ohne sofort Lösungen aufzudrängen."

Kinder bräuchten dafür empathische Erwachsene, die mit Geduld und Verlässlichkeit da seien. Komme es dennoch zur Eskalation, sei Ruhe entscheidend. Erwachsene sollten signalisieren: "Ich bleibe da, auch wenn es schwierig wird." Es gehe um Verständnis statt Schuld.

Klarheit über gewünschtes Verhalten helfe allen Beteiligten, ebenso das Einbeziehen von Mitläufern und Zuschauenden. "Eltern können ihre Kinder stärken, indem sie zuhören, Gefühle ernst nehmen und gemeinsam nach Lösungen suchen." Nötig sei zudem ein starkes Netzwerk sowie Räume, in denen Kinder Wertschätzung erfahren, so Tromm.

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