Die deutsche Regierung unter CDU-Kanzler Friedrich Merz setzt auf eine härtere Gangart in der deutschen Migrationspolitik. Neuerdings werden Migranten ohne gültige Papiere an deutschen Grenzen abgewiesen, selbst wenn sie Asyl beantragen. Ein Berliner Gericht erklärt diese neue Praxis nun für rechtswidrig – die Regierung hält trotzdem daran fest. Das sorgt nicht nur in Deutschland für Diskussionen – auch die Schweiz reagierte besorgt.
Drei somalische Staatsangehörige reisten über Polen nach Deutschland ein. Die Bundespolizei wies sie noch am selben Tag nach Polen zurück – ohne, dass ein Asylverfahren eröffnet worden wäre. Das Verwaltungsgericht Berlin entschied im Eilverfahren, dass solche Zurückweisungen rechtswidrig sind. Die Bundesrepublik sei verpflichtet, ein sogenanntes Dublin-Verfahren durchzuführen, bei dem festgestellt wird, welches EU-Land für das Asylgesuch zuständig ist.
Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) sprach von einem "Einzelfall" und kündigte an, die Praxis trotz Urteil fortzusetzen. Die regierende Union (CSU/CDU) plane, die Gerichtsentscheidung anzufechten.
Lars Castellucci von der mitregierenden SPD kritisiert, dass das Innenministerium "weder mit Nachbarstaaten abgestimmt" handle noch eine rechtlich saubere Linie verfolge. Grüne und Linke werfen der Union einen bewussten Rechtsbruch vor und fordern die sofortige Einstellung der Rückweisungen.
In der Schweiz wächst die Sorge, dass sich an der Schweizer Grenze ein Sammelbecken von gestrandeten Asylsuchenden bildet – vor allem, wenn Italien sie weiterreisen lässt und Deutschland sie abweist. Politologe Wolfgang Schroeder hält dieses Szenario für durchaus realistisch. "Die Schweiz könnte zur Asyl-Pufferzone werden", sagt er. Das gäbe nicht nur logistische Probleme, sondern könnte auch für politische Spannungen sorgen.
Schweizer Bundesrat Beat Jans reiste Ende Mai nach Berlin, um mit Innenminister Dobrindt über die neue Handhabe bei Grenzkontrollen an der Schweizer Grenze zu sprechen. Dort betonte er, dass solche Maßnahmen abgestimmt und rechtlich abgesichert sein müssen. Bereits vor dem Treffen sagte er, dass einseitige Grenzmaßnahmen ohne Rücksprache mit der Schweiz "nicht akzeptabel" seien.