Die aggressive US-Zollpolitik habe einen enormen Schock in der Weltwirtschaft ausgelöst und für ein hohes Maß an Unsicherheit gesorgt, erklärte am Dienstag Nationalbank-Gouverneur Robert Holzmann im Finanzausschuss des Nationalrats.
Sollten die für Juli geplanten zusätzlichen Zollerhöhungen in Kraft treten, dann müsse laut Berechnungen der Österreichischen Nationalbank (OeNB) von einem weiteren Rückgang des österreichischen BIP von insgesamt 0,3 Prozent ausgegangen werden. In der März-Prognose hatte die Nationalbank noch ein Minus von 0,1 Prozent angenommen.
Der Internationale Währungsfonds habe ebenfalls die Prognose für 2025 um 0,5 Prozentpunkte auf 2,8 Prozent gesenkt und erwarte für 2026 nur noch drei Prozent an globalem Wachstum, so der scheidende OeNB-Gouverneur Robert Holzmann bei seiner letzten Aussprache im Ausschuss. Da die Trump-Administration die "absolut höchsten Zölle", die es in den letzten hundert Jahren gegeben hat, einführen wolle, sei die globale Wirtschaftsentwicklung von hoher Unsicherheit geprägt.
Davon betroffen sei natürlich auch Europa, weshalb die Europäische Zentralbank (EZB) die Wachstumsaussichten für 2025 und 2026 um jeweils 0,2 Prozentpunkte nach unten korrigiert habe, so Holzmann. Das reale BIP-Wachstum in der Union soll demnach heuer bei 0,9 Prozent liegen, mit 1,2 Prozent im Jahr 2026 bzw. 1,3 Prozent 2027. Außerdem erwarte die EZB einen Rückgang der Inflationsrate auf 2,3 Prozent für das Gesamtjahr 2025.
Für die österreichische Wirtschaftsentwicklung seien vor allem die ausgeprägte Konsumschwäche sowie die Industrierezession von entscheidender Bedeutung, erläuterte der Nationalbank-Gouverneur. Während heuer beim BIP – wie schon in den beiden Vorjahren – mit einem Rückgang von 0,3 Prozent gerechnet werden müsse, sollte sich die Inflationsrate bei 2,9 Prozent stabilisieren. Das von der EZB angestrebte Zwei-Prozent-Ziel dürfte laut der Präsentation im Finanzausschuss allerdings erst 2027 mit 2,1 Prozent fast erreicht sein.
Ein großer Preistreiber ist dabei laut Holzmann etwa der Dienstleistungssektor. Trotz der Realeinkommenszuwächse sei zudem die Sparquote in Österreich noch immer sehr hoch. Daran werde sich wohl auch wenig ändern, solange die wirtschaftlichen Aussichten so schwer einschätzbar seien.
Der heimische Industriesektor leide vor allem darunter, dass die Lohnstückkosten in den letzten Jahren deutlich stärker als bei den Handelspartnern gestiegen seien, erläuterte Holzmann. Österreich sei im Vergleich zu den übrigen 19 Ländern im Euroraum um etwa acht Prozent teurer geworden.
Ebenfalls ein Thema im Finanzausschuss – die Versorgung der Österreicher mit Bargeld. Um Versorgungslücken im ländlichen Raum zu schließen, habe man laut Holzmann eine Vereinbarung mit dem österreichischen Gemeindebund geschlossen, die die Bereitstellung von 60 bis 120 Geldausgabeautomaten durch die OeNB vorsieht.
Priorisiert würden dabei vor allem größere Kommunen, aber auch Gemeinden mit einer besonders langen Wegstrecke zum nächsten Automaten. Es stehe dem Gesetzgeber aber frei, andere Lösungen anzudenken und etwa wie in Großbritannien die Banken stärker zu verpflichten, räumte Holzmann im Gespräch mit Abgeordneten ein.
Was das Projekt des digitalen Euro anbelange, so befinde man sich derzeit in der Vorbereitungsphase 1. Die OeNB sei dabei prominent vertreten und Teil der aus sechs Zentralbanken bestehenden Allianz, die zur technischen Entwicklung beitragen soll.
Von einer soliden Entwicklung des österreichischen Bankensektors berichtete Vize-Gouverneurin Edeltraud Stiftinger, wobei das Ergebnis auch durch Zinseinnahmen aus der Veranlagung von Überschussliquidität bei der OeNB positiv beeinflusst wurde. Konkret habe sich der Gewinn im Jahr 2024 auf 11,5 Milliarden belaufen, nachdem schon 2023 mit 12,6 Milliarden ein Rekordwert erzielt wurde.
Die Vize-Gouverneurin nahm schließlich noch zur Bilanz der Nationalbank Stellung, die 2024 einen Verlust von 2,1 Milliarden Euro ausgewiesen habe. Unter Berücksichtigung des Verlustvortrags aus dem Vorjahr ergebe sich somit ein kumuliertes Minus von 4,2 Milliarden. Demgegenüber stünden aber hohe Vermögenswerte wie etwa der Goldbestand von rund 280 Tonnen, der derzeit mit 26 Milliarden Euro bewertet werde.