Das majestätische Mont-Blanc-Massiv gilt als ein Wahrzeichen der Alpen. Doch unter dem imposanten Berg verbirgt sich ein beunruhigendes Phänomen: Seit 2015 registrieren Wissenschafter dort eine dramatische Zunahme von Erdbeben. Was ist die Ursache?
Ein Forschungsteam rund um Verena Simon vom Schweizerischen Erdbebendienst analysierte 15 Jahre lang seismische Daten des mehrgipfligen Berges. Das Ergebnis ist beunruhigend: Seit 2015 gebe es eine "starke jährliche Periodizität" von Beben, die zuvor nicht existierte, berichtet das Forschungsteam in der Fachzeitschrift Earth and Planetary Science Letters.
Laut den Experten führt der immer raschere Rückgang von Permafrost und Gletschern dazu, dass immer mehr Schmelzwasser in tiefere Felsspalten eindringt. Diese Infiltration verändert den Porendruck im Gestein – und löst Beben aus.
"Unsere Modelle zeigen: Der Großteil der seismischen Aktivität ist auf Schmelzwasser zurückzuführen", so das Forschungsteam. "Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Klimawandel die lokale seismische Gefährdung in alpinen Regionen deutlich erhöhen kann", warnt das Forschungsteam in der Studie.
Besonders besorgniserregend: In Phasen starker Gletscherschmelze steigt das Risiko für Erdbeben auf das bis zu Hundertfache – und dies dürfte angesichts der immer häufigeren Hitzewellen nicht weniger werden.
Die Forscher warnen: Der Klimawandel macht nicht nur das Wetter extremer – er könnte auch die Alpen tief im Inneren destabilisieren. Und das hat Folgen für Menschen in hochalpinen Regionen, aber auch für den Tourismus und die Infrastruktur.
Was unter dem Mont Blanc passiert, könnte zudem weltweit "Schule machen": "Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Klimawandel die lokale seismische Gefährdung in alpinen Regionen deutlich erhöhen kann", warnt das Forschungsteam in der Studie.
Das Phänomen könnte also auch andere vergletscherte Gebiete auf der ganzen Welt betreffen. Daher müssten die "Auswirkungen des Klimawandels auf das Erdbebenrisiko in alpinen und arktischen Gebieten" dringend neu bewertet werden.