Erschreckend viele Fälle

"Sextortion"– immer mehr Kinder mit Nacktfotos erpresst

Geschieht sogar 11-Jährigen: Junge Menschen verschicken Nacktfotos an ihren Schwarm. Kriminelle nutzen das schamlos aus.
Michael Pollak
08.03.2025, 06:56
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Neue Technologien als Turbo für Sex-Taten, Gewalt und Erpressung. Eine Studie der Kinder – und Jugendanwaltschaft zeigt die Dimension:

— 38 Prozent der Jugendlichen wurden zumindest einmal im Internet sexuell belästigt.

— 65 Prozent sind der Meinung, dass Kinder und Jugendliche häufig mit Nacktbildern erpresst werden, also Opfer von "Sextortion" sind.

Erst vor wenigen Wochen wurde in Graz ein Lehrer verurteilt, der sich über mehrere Jahre hinweg Nacktbilder von Schülern erschlichen haben soll (das nicht rechtskräftige Urteil lautete zwei Jahre und neun Monate Haft sowie die Einweisung in forensisch-therapeutisches Zentrum). Er soll sich online als Mädchen ausgegeben haben, dadurch sei er an Nacktfotos der Buben gekommen, so die Staatsanwaltschaft. 6.000 Fotos und Videos fanden die Ermittler bei ihm.

Sex-Erpressung: Zahl der Fälle explodiert

Jetzt schlagen die Helfer von "Rat auf Draht" Alarm: Mit 327 Opfern von Sextortion, also der Erpressung mit Nacktfotos oder -videos über soziale Netzwerke gab es im Vorjahr Beratungsgespräche. Das bedeutet einen Anstieg von 20 Prozent. Die Sorge ist groß: Die Dunkelziffer, so die Beratungsstelle, "dürfte viel höher sein, bringt doch nicht jeder betroffene Mensch den Mut auf, sich jemandem anzuvertrauen."

Wie funktioniert diese Art der Erpressung? Auf Sozialen Medien oder immer öfter auch auf Dating Plattformen werden junge Menschen angesprochen. Der oder die Fremde – mit einem ausgesprochen attraktiven Foto – schmeichelt mit Komplimenten. Bald wird über sexuelle Handlungen gechattet. Der Junge oder das Mädchen sollen Nacktfotos von sich schicken. Sobald das geschehen ist, verwandelt sich das Gegenüber vom liebevollen Traumpartner zum aggressiven Kriminellen. Es wird Geld gefordert, ansonsten werden die Fotos online veröffentlicht, oder direkt an Freunde und Verwandte geschickt.

Drohung wird wahr gemacht

"Mittlerweile wird auch als Zeichen, dass die Erpresser es ernst meinen, oft vorab ein Bild oder Video an eine Person oder bestimmte Gruppe gesandt, um der Forderung Nachdruck zu verleihen", sagt Birgit Satke, Leiterin des Beratungsteams von Rat auf Draht.

Hilfe! So wehrt man sich gegen Sextortion

Alle Infos von Rat auf Draht: "Trotz Schock und Verzweiflung ist ganz wichtig, nicht auf die Forderungen einzugehen und nicht zu bezahlen", sagt Birgit Satke von Rat auf Draht. Die Erfahrung zeigt, dass dies nicht vor einer Veröffentlichung schützt und eher eine Aufforderung für die Täter:innen ist, es erneut zu versuchen. Zudem sollte der Kontakt umgehend abgebrochen und Beweise (Screenshots vom Erpressungschat) gesichert werden. Wurden bereits Bilder oder Videos veröffentlicht, sollte dies sofort bei der jeweiligen Plattform gemeldet werden. Satke: "Eine Anzeige bei der Polizei ist ebenfalls anzuraten, da es sich hierbei um einen Straftatbestand handelt".

Abhilfe können auch zwei Online-Tools schaffen, die eine weitere Veröffentlichung der Nacktaufnahmen verhindern können: "Take it down", für Personen unter 18 Jahren und "Stop Non-Consensual Intimate Image Sharing (STOPNCII)" für Erwachsene, verhindern den Upload von intimen Bildern oder Videos auf Instagram, TikTok, Facebook, Onlyfans, Pornhub & Co.

Zur Nutzung dieser Tools müssen die Bilder und Videos noch auf einem Endgerät gespeichert sein. „Auf dem Gerät wird ein digitaler Fingerabdruck von dem Foto oder Video erstellt und an den Dienst übermittelt, der es den Onlineplattformen ermöglicht, intime Bilder oder Videos zu identifizieren und eine Veröffentlichung zu verhindern", erklärt Satke. Die Bilder verbleiben auf dem Gerät des Users und werden nicht hochgeladen.

Opfer sind immer jünger

Auffällig: Die Opfer sind mehrheitlich Buben und männliche Teenager – sie machen rund 72 Prozent der Fälle bei "Rat auf Draht" aus. "Besonders alarmierend ist, dass die Betroffenen immer jünger werden", sagt Birgit Satke. Die Fälle mit Opfern im Alter zwischen 11 und 14 Jahren sind um 178 Prozent (!) gestiegen.

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Mittlerweile wird sogar KI (Künstliche Intelligenz) bei der Erpressung verwendet. Zum einen, um fesche Personen zu mimen, die Jugendliche in die Falle locken sollen, zum anderen, um Fotos zu verfremden. Es werden Fake-Nacktbilder angefertigt.

{title && {title} } POM, {title && {title} } Akt. 08.03.2025, 12:14, 08.03.2025, 06:56
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