Gefährliche Schlaf-Tools

"Sleepmaxxing": Wieso der TikTok-Trend den Schlaf raubt

Neurologe und Schlafmediziner Michael Saletu erklärt im "Heute"-Interview, wieso der neue Social-Media-Trend nach hinten losgehen kann.
Heute Life
06.05.2025, 18:34

Wer kennt die Situation: Man liegt mehrere Stunden abends im Bett, starrt auf die Decke und fragt sich: "Wieso kann ich nicht schlafen?" Jetzt sagt der TikTok-Trend "Sleepmaxxing" der Schlaflosigkeit den Kampf an: Mit Tools, die für einen guten, angenehmen und langen Schlaf sorgen, soll man schlaflosen Nächte ade sagen können. Der neue Trend soll aber nicht nur manchen mehr Schlaf schenken, sondern einigen diesen auch rauben. Schlafmediziner und Neurologe Michael Saletu erzählt, wieso "Sleepmaxxing" uns Schlaf entziehen könnte und wieso der Trend kontraproduktiv sein kann.

Was hinter Sleepmaxxing steckt

Mit dem Trend "Sleepmaxxing" soll die Schlafqualität "maximiert" werden und das mit einigen klassischen, aber auch skurrilen Mitteln. Tipps, wie eine dunkle und kühle Schlafumgebung, warmes Licht am Abend oder wenig Bildschirmzeit werden immer schon gepredigt. Nun werden aber zusätzlich  Mouth-Taping, Magnesium-Supplements oder Gewichtsdecken in den Sozialen Medien empfohlen. Auch das Verzehren von Kiwis vor der Nachtruhe soll die Schlafqualität ankurbeln. Doch diese Maßnahmen können auch negative Auswirkungen auf den Schlaf haben.

Wieso Sleepmaxxing den Schlaf minimieren kann

Der Schlafmediziner warnt vor der Obsession mit dem Schlaf. "Bei einer krankhaften Überbeschäftigung und neuer Schlaflosigkeit, liegt eine Orthosomnie vor", so Saletu. Wer sich ständig mit seinem Schlaf auseinandersetzt und zwanghaft versucht, eine optimale Schlafqualität zu erreichen, schläft schlecht oder sogar kaum. Diejenigen, die Schlaf-Tracking-Geräte nutzen, können eine Tendenz entwickeln, sich obsessiv mit ihrer Qualität und Quantität ihres Schlafs auseinanderzusetzen. Der Neurologe weist darauf hin, dass Durchschnittswerte, die solche Tracking-Geräte wiedergeben, von einer Woche viel aussagekräftiger sind, als Ergebnisse von Einzelnächten.

Tipps gegen schlaflose Nächte

Wer über seine Alltagsprobleme grübelt und eine Angst vor der Schlaflosigkeit entwickelt, verstärkt diese nur noch mehr. "Hier können Podcasts oder eine unbewusste Ablenkung, wie das 'Cognitive Shuffling' helfen. Man lenkt das Gehirn auf zufällige, nicht emotionale Wörter oder Bilder ohne logische Verbindung zueinander. Dadurch wird das Gehirn sanft abgelenkt", erklärt Saletu. Ein Mythos rund ums Schlafen, der immer noch unter dem Trend befeuert wird, ist die Anzahl der Stunden, die man nachts schläft. "Das Schlafbedürfnis ist ganz individuell", erzählt der Neurologe.

„Bei einer krankhaften Überbeschäftigung und neuer Schlaflosigkeit, liegt eine Orthosomnie vor.“
Dr. Michael SaletuNeurologe und Schlafmediziner

Schlafstörung oder nur schlecht geschlafen?

"Ob man unter einer Schlafstörung leidet, definiert sich durch die Tagesbefindlichkeit oder das Wachsein tagsüber", fügt Saletu hinzu. Wer ein paar Nächte schlechter geschlafen hat als sonst, soll sich den Kopf darüber nicht sofort zerbrechen. Natürlich ist ausreichender Schlaf wichtig, wichtiger ist aber eine positive Einstellung, falls es mit der herkömmlichen Schlafroutine nicht klappt. Grübelt man den ganzen Abend oder sogar den kompletten Tag über die kommende Nacht, schläft man nicht besser. Oft überholt der Schlaf einen erst, sobald man sich nicht mehr zwanghaft damit beschäftigt.

{title && {title} } red, {title && {title} } Akt. 06.05.2025, 18:53, 06.05.2025, 18:34