Er ist erst 34 Jahre alt und hat beste Chancen, am Dienstag als erster Muslim zum Bürgermeister von New York gewählt zu werden: Zohran Mamdani vom linken Flügel der Demokratischen Partei liegt in den Umfragen deutlich vorne.
Zohran Mamdani ist Sohn der indischen Regisseurin Mira Nair, deren Film "Salaam Bombay!" 1988 für einen Oscar nominiert wurde, und des ugandischen Politologen Mahmood Mamdani. Er wurde 1991 in Uganda geboren und kam mit seinen Eltern im Alter von sieben Jahren nach New York. Er besuchte gute Schulen und versuchte sich als "Young Cardamom" bzw. "Mr. Cardamom" als Rapper. Vor seiner Wahl zum New Yorker Abgeordneten beriet er Bürger bei Räumungsklagen. Seit 2018 ist Mamdani auch US-Staatsbürger.
Mamdani gehört als Mitglied der "Democratic Socialists of America" zum linken Flügel der Demokraten. 2021 zog er für seinen Wahlkreis im New Yorker Stadtteil Queens ins Parlament des Bundesstaats New York ein. Mamdani legte einen Blitzaufstieg hin: Noch vor einem Jahr war der Abgeordnete nahezu unbekannt. Mit einer geschickten Kampagne in Onlinemedien und zehntausenden freiwilligen Wahlhelfern gelang es ihm, vor allem bei jungen Leuten bekannt zu werden. Bei einem Sieg wäre er der erste muslimische Bürgermeister New Yorks – und der Jüngste seit 1917.
Mamdani nennt sich einen "demokratischen Sozialisten" und "Trumps schlimmsten Albtraum". Er verspricht, New York für die gut acht Millionen Einwohner wieder bezahlbarer zu machen – etwa durch einen Mietpreisdeckel, kostenlose Busse oder Kinderbetreuung sowie städtisch geführte Lebensmittelgeschäfte. Zur Finanzierung will er die Steuern für Wohlhabende und Unternehmen anheben. Unterstützt wird Mamdani vom linken Flügel der Demokraten und unabhängigen Politikern wie dem früheren Präsidentschaftskandidaten Bernie Sanders.
Vermögende New Yorker sehen einem "sozialistischen" Bürgermeister mit gemischten Gefühlen entgegen. "Sein möglicher Sieg begeistert einen Teil der New Yorker, während der andere schon ans Wegziehen denkt", schreibt die "NZZ am Sonntag" und fragt: "Ein Sozialist soll die Hauptstadt des Kapitalismus regieren?"
Eine Reihe jüdischer New Yorker ist zudem besorgt, weil Mamdani das israelische Vorgehen gegen die Palästinenser im Gazastreifen als "Völkermord" bezeichnete. Nach scharfer Kritik bekannte sich Mamdani zum Existenzrecht Israels und sagte, es gebe "keinen Platz für Antisemitismus". In New York leben rund 1,3 Millionen Juden in der größten städtischen Gemeinde außerhalb Israels.
Wegen seines breiten Lächelns, dem federnden Gang und der zugewandten Art. Mamdani ist – ähnlich wie früher Obama – unaufhörlich Schmähungen ausgesetzt. So werfen ihm Medien wie Fox News vor, den "Heiligen Krieg" gegen Ungläubige zu unterstützen und Geld von Terrorgruppen anzunehmen. Bei Trump-Anhängern hält sich auch das Gerücht, Mamdani habe sich den US-Pass mit Falschangaben erschlichen.
Ebenfalls auf dem Wahlzettel stehen der frühere Gouverneur des Bundesstaates New York, Andrew Cuomo, und der Republikaner Curtis Sliwa. Der bisherige Amtsinhaber Eric Adams tritt unter anderem nach einem Korruptionsskandal nicht mehr an.
Die Wahllokale der Millionenmetropole schließen am Mittwoch um drei Uhr nachts österreichischer Zeit – danach wird mit ersten Ergebnissen gerechnet. Sollte Mamdani sich durchsetzen, stünde fast ein Vierteljahrhundert nach den Anschlägen vom 11. September 2001 ein Muslim an der Spitze von New York – eine kleine Sensation.
Dieses Jahr gilt die Bürgermeisterwahl in der liberalen Millionenmetropole New York als eine Art Richtungsweiser in dem tief gespaltenen Land – vor allem für die demokratische Partei. Ein Sieg Mamdanis würde denjenigen Aufwind geben, die fordern, dass die Partei bei den Kongresswahlen 2026 stärker dem linken Flügel folgen soll. Zweifler halten dagegen, dass sich Mamdanis Ansatz nicht ohne Weiteres auf andere Wahlkämpfe übertragen ließe: Was im liberalen New York funktioniere, könne anderswo eher abschreckend wirken.
Seit der Niederlage gegen Donald Trump suchen die Demokraten nach Anführern und Visionen. Bei einem Sieg könnte Mamdani – er kann wegen seiner Doppelbürgerschaft zwar nie US-Präsident werden – "die Verjüngungskur" für die Demokraten sein, die seit Donald Trumps Sieg nach Anführern und Visionen suchten, schreibt die französische Tageszeitung "Libération".
Das demokratische Establishment solle von Mamdani lernen, schreibt auch die "NZZ am Sonntag". Denn dieser habe "wieder jene Wähler in den Mittelpunkt gerückt, die einst die Basis der Demokraten waren: die hart arbeitende Mittelschicht." Diese müssten die Demokraten, die zu sehr "zur Elitelobby" geworden seien, wieder zurückholen.