"Wer braucht dringend schnelleres Internet?" – Diese Frage stellt sich, nachdem am Dienstag bekannt wurde, dass die Speed Connect Netzwerkserrichtungs GmbH zahlungsunfähig ist. Das Unternehmen war von zahlreichen Gemeinden mit dem Glasfaserausbau beauftragt worden. Doch dem Alpenländischen Kreditorenverband (AKV) zufolge hätten zu wenige Kunden einen Anschluss bestellt. Die Insolvenz betrifft Gemeinden in vier Bundesländern.
Laut dem AKV sind aktuell 17 Mitarbeitende von der Pleite betroffen, eine noch unbekannte Zahl an Gläubigern ebenso. Derzeit belaufen sich die Forderungen auf rund 4,1 Millionen Euro. Das Unternehmen hat selbst einen Insolvenzantrag eingebracht. Die 2020 gegründete Speed Connect war mit der Errichtung und dem Betrieb eines eigenen Glasfasernetzes in Niederösterreich, Steiermark, Kärnten und Burgenland betraut.
Öffentlich einsehbaren Daten zufolge, schoss die jährliche Bilanzsumme der Speed Connect geradezu in den Himmel: Waren es 2020 noch 287.000 Euro, konnte die Speed Connect ein Jahr später bereits 22,5 Mio. Euro verbuchen. Und der Jahresabschluss 2023 nennt eine Bilanz von insgesamt 62,6 Mio. Euro – das ist 218-mal so viel.
Fast auf den Tag genau vor einem Jahr, im Juni 2024, betonte die niederösterreichische Landesregierung mit der Veranstaltung "Letzte Chance: Schnelles Internet für unsere Gemeinden" ihren politischen Willen zum Glasfaserausbau: Flächendeckendes, schnelles Internet als Mittel gegen Abwanderung und zur Standortsicherung. Die Pleite eines Trägers dieses Ausbaus sorgt jetzt für Aufregung.
In der niederösterreichischen Gemeinde Hollabrunn reagierte die ÖVP geschockt. Sie schreibt auf der Social-Media-Plattform Facebook: "Speed Connect Austria ist insolvent - was bedeutet das für Hollabrunn? Der Glasfaserausbau ist vorerst gestoppt. Für Homeoffice, Bildung & Alltag fehlt weiterhin schnelles Internet."
Im Frühjahr 2024, hatte Speed-Connect-Geschäftsführer Joachim Otte hatte gegenüber den Niederösterreichischen Nachrichten (NÖN) bestätigt, dass das gesamte Hollabrunner Gemeindegebiet mit seinen 21 Katastralgemeinden bis 2025 mit einem Glasfasernetz versorgt sein werde. Es werde höchstens geringfügige Verzögerungen geben. Hollabrunns Bürgermeister Alfred Babinsky (ÖVP) saß damals mit am Tisch.
Otte, der selbst in Hollabrunn lebt, sprach davon, dass das Unternehmen in 60 Gemeinden tätig sei und das Personal für Glasfaserausbau auf über 500 Mitarbeiter aufgestockt worden sei, um mit mehreren Teams in verschiedenen Gemeinden zeitgleich arbeiten zu können. Er freue sich, dass in Hollabrunn die Nachfrage nach Hausanschlüssen so groß sei – teilweise bis zu 80 Prozent.
Damit aus der Firmenpleite keine politische Pleite wird, heißt es jetzt von der Volkspartei Hollabrunn, dass man sich dafür einsetzen werde rasch neue Lösungen zu finden: "Gespräche mit dem Land Niederösterreich und neuen Partnern" für den Glasfaserausbau seien geplant. Dazu strebe man eine "transparente Kommunikation" an, denn das Ziel bleibe: "Schnelles Internet für alle - verlässlich, rasch, partnerschaftlich."
Zuvor war eine Partnerschaft mit der Speed Connect schon in der Gemeinde Drösing (Bezirk Gänserndorf) gescheitert. Dort wurde der Glasfaserausbau Anfang April gestoppt, nachdem das Unternehmen der Marktgemeinde mitgeteilt hatte, dass es sich aus wirtschaftliche Gründen zurückzuziehen werde.
Als Gründe nannte das Unternehmen den Ausstieg einer Nachbargemeinde aus dem gemeinsamen Projekt sowie gestiegene wirtschaftliche Hürden. Die notwendige 12 Kilometer lange Zuleitung und eine strengere Rentabilitätsprüfung würden den Ausbau unrentabel machen.
Das Geschäftsmodell der Speed Connect sah vor, ein eigenes Glasfasernetz zu errichten und dieses, gegen ein Nutzungsentgelt, anderen Internet-Anbietern zur Verfügung zu stellen. Diese sollten dann die Endkundschaft mit High-Speed-Internet versorgen.
In Göllersdorf, fragte zu Wochenbeginn der SPÖ-Gemeinderat Stefan Hinterberger in einem offenen Brief an die Firma Speed Connect: "Lieber Joachim Otte! Kannst du uns als Geschäftsführer der Firma Speed Connect bitte mitteilen, wann das Projekt in Göllersdorf nun beginnen wird, bzw. wann ihr mit den Bürger*innen diesbezüglich Kontakt aufnehmen werden? Dies hätte laut der Vorstellung im Gemeinderat im vorigen Herbst passieren sollen." Doch im Firmenbuch scheint Otte gar nicht mehr als Geschäftsführer auf. Als Datum der Löschung wird dort der 11. Jänner 2025 genannt.
Auch die am Stadtrand von Wien gelegene Gemeinde Langenzersdorf informierte am Mittwochnachmittag ihre Bürger über aktuelle Insolvenz und schrieb auf ihrer Homepage: "Sobald der Marktgemeinde nähere Informationen zur weiteren Vorgehensweise vorliegen, werden wir Sie umgehend informieren."
Im Insolvenzantrag heißt es, dass das Unternehmen in die Pleite schlitterte, weil nur wenige Haushalte einen Glasfaseranschluss nutzten. Die Nachfrage nach ultraschnellem Internet sei allgemein schwach gewesen, die Preise dafür entsprechend niedrig. Erschwerend sei hinzugekommen, dass insolvente Baupartner Schäden hinterlassen hätten, für welche die Speed Connect aufkommen habe müssen.
Auch die "vielfältigen Anforderungen der lokalen Baubehörden" seien der geschäftlichen Tätigkeit im Wege gestanden, der Versuch, neue Investoren zu finden, gescheitert.
Jetzt plane man einen Sanierungsplan vorzulegen, der den Gläubigern zumindest 30 Prozent Quote anbieten soll. Diese Summe soll durch die Verwertung des Unternehmens selbst aufgebracht werden.
"Die Realisierbarkeit eines möglichen Sanierungsplans wird eingehend geprüft werden", heißt es vom Alpenländischen Kreditorenverband. Dort ist der Rechtsanwalt Günther Hödl zum Insolvenzverwalter bestellt worden.
Allfällige Forderungen können ab sofort an den Alpenländischen Kreditorenverband gemeldet werden – mit einer Frist bis zum 18. August 2025. Die Prüfungstagsatzung findet am 1. September statt.