"Mohren"-Häuser in Zürich

Stadt überklebt rassistische Häusernamen

Eine seit Jahren andauernde Rassismus-Debatte um "Mohren"-Häuser in Zürich endete mit einem Sieg für die Stadt. Auch aus Wien kennt man solche Fälle.
Nick Wolfinger
24.07.2025, 18:48
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Seit fast 600 Jahren gehört das Haus "Zum Mohrenkopf" in der Zürcher Altstadt zum städtischen Bauinventar. Bereits 1443 wird es zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Auch das Haus "Zum Mohrentanz" blickt auf mindestens 340 Jahre Geschichte zurück.

Da der Begriff "Mohr" heutzutage aber mit Kolonialismus und Rassismus in Verbindung gebracht wird, hat der Stadtrat im April 2021 beschlossen, den Wortteil an den Hausfassaden abdecken zu lassen. Der Antrag für den Umbau wurde im November 2021 eingereicht.

"Mohr" hat "rassistische Wirkung"

Auf der Webseite der Stadt Zürich verweist man darauf, dass das Wort "Mohr" seit jeher "abwertend" verwendet wurde und "im Kontext der Rassentheorie immer stärker negativ aufgeladen" wurde, wie die Schweizer SRF berichtete. Auch in Österreich gab es übrigens vor einigen Jahren im Zuge der "Black Lives Matter"-Bewegung in den USA heftige Debatten um das Vorarlberger "Mohrenbräu" und die "Alte Mohrenapotheke" in Wien.

Auch die "kleine" und "große Mohrengasse" in der Leopoldstadt wurde damals heftige kritisiert. Alle erwähnten Namen bestehen aber trotz damaliger Proteste und gegenteiliger Ankündigung der Apothekerin noch heute.

Auch in Wien gab es eine heftige Debatte. Im Bild: Apothekerin Sassa Marosi mit den Black-Lives-Matter-Organisatorinnen Mireille Ngosso und Noomi Anyanwu (re.) – trotz Ankündigung im Jahr 2020 heißt die Apotheke noch heute so. Dafür gibt es eine ausführliche Erklärung zur Entstehung des Namens.
Christian Ortner

Demnach sei auch ein Bericht der ETH zum Schluss gekommen, dass die Gebäude zwar schon früher mit "Zum Mohrenkopf" und "Zum Mohrentanz" benannt waren, die heute sichtbaren Inschriften aber jüngeren Datums seien. Sie seien im 20. Jahrhundert entstanden, als der Begriff "Mohr" bereits stärker negativ aufgeladen war.

Heimatschutz bevorzugt Infotafeln

Der Zürcher Heimatschutz (ZVH), ein privater Verein, der sich dem Schutz von Baudenkmälern in der Schweiz verschrieben hat, erhob jedoch Einspruch mit dem Argument, dass damit "schützenswerte Fassaden" beschädigt würden. Auch entfernbare Abdeckungen würden dem "Anliegen des Denkmalschutzes nicht gerecht" werden, heißt es in einer Aussendung.

„Die Inschriften der in einem Fall bereits im 15. Jahrhundert erwähnten Hausnamen sind Zeitzeugen der Kultur- und Wirtschaftsgeschichte unserer Stadt. Die Unterschutzstellung und Erhaltung solcher Zeitzeugen – und dazu zählen auch Inschriften als Hinweise auf vergangene Wirtschafts- und Gesellschaftsstrukturen – ist eine Aufgabe des Denkmal- und Heimatschutzes.“
Aussendung des Zürcher Heimatschutzes23. Juli 2025

Man halte den "Weg der Kontextualisierung" für besser, als heute nicht mehr genehme Namen einfach verschwinden zu lassen. Eine "erklärende Tafel, die auf die Geschichte und den Hintergrund der Namensgebung hinweist und gleichzeitig zu rassistischem Gedankengut auf Distanz geht, könnte sowohl dem kulturhistorischen Charakter der Schriftzüge als auch der rassistischen Konnotation des Begriffs 'Mohr' Rechnung tragen", argumentiert der Heimatschutz. Eine solche Tafel hat die Stadt Zürich allerdings schon im Herbst 2021 angebracht.

Erste Instanz gab Heimatschutz recht

Das Baurekursgericht gab dem Heimatschutz im April 2023 recht: Eine Abdeckung der Namen sei unzulässig, da das "Erscheinungsbild der schützenswerten Gebäude beeinträchtigt" würde. Damit wollte sich die Stadt jedoch nicht abfinden – und zog vor das Verwaltungsgericht. Dieses hob das erstinstanzliche Urteil im Dezember 2024 auf – und gab nun der Stadt recht. Eine "reversible", also wieder entfernbare Abdeckung, sei in Ordnung, da die Fassade dadurch nicht beschädigt würde.

Stadt siegte in letzter Instanz

Dagegen reichte wiederum der Zürcher Heimatschutz (ZVH) im Jänner 2025 Beschwerde beim Bundesgericht ein. Und dieses urteilte nun am 23. Juli: Gar nicht. Ohne auf die Argumente der beiden Seiten einzugehen entschied es, dass der ZVH als "nicht gesamtschweizerisch tätiger Verein" nicht einspruchsberechtigt sei. Damit ist die Entscheidung endgültig – die Häusernamen werden teilweise abgedeckt.

Der bundesweite Heimatschutz kann nicht nachträglich erneut Beschwerde gegen die Stadt Zürich einreichen, da das Verfahren bereits vom Zürcher Heimatschutz geführt – und verloren wurde.

ZVH bedauert Niederlage

"Eine eingehende Schutzabklärung der beiden Stadtzürcher Gebäude mit den 'inkriminierten' Inschriften ist bis heute nie erfolgt", bedauert der ZVH, dass die gesellschaftspolitisch bedeutsame Frage jetzt auf Bundesebene gar nicht bearbeitet wurde.

Mit dem letztinstanzlichen "Segen" der Gerichte kündigte die Stadt nun an, die Inschriften auf den Gebäuden am Neumarkt13 und in der Niederdorfstrasse29 zu überdecken – und darüber hinaus drei weitere Plaketten an diesen und anderen Gebäuden (Predigergasse 15, Neumarkt 22 und Schmidgasse 8), die das "M-Wort" enthalten, zu ersetzen.

Rassistische Wandmalereien bleiben

In der Altstadt gibt es aber auch zwei private Liegenschaften, die Zeichen mit rassistischer Wirkung tragen. Am Neumarkt 22 befindet sich ein Wandbild eines schwarzen Mannes, der in stereotyper Weise nur mit einem Lendenschurz bekleidet ist, einen Speer und Ohrringe trägt und stark überzeichnete rote Lippen habe.

Rassistische Wandmalerei in der Zürcher Altstadt
20min.ch/Heinrich Frei

Mit solchen Bildern seien Schwarze Personen als "primitiv und exotisch" dargestellt worden, heißt es in einer Mitteilung der Stadt Zürich. Das Wandbild habe einst als Werbegrafik für eine in der Liegenschaft angesiedelte Bäckerei gedient. An der Schifflände 8 befindet sich ausserdem eine kleine Grafik mit der Inschrift "Zum Mohrenkönig".

Es gebe aber keine Rechtsgrundlage, um private Hauseigentümer zum Handeln zu verpflichten. Die Stadt möchte aber die privaten Besitzer ermutigen, mit dem städtischen Vorgehen gleichzuziehen, und steht hierfür in Kontakt mit ihnen.

{title && {title} } NW, {title && {title} } 24.07.2025, 18:48
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