Ein alltäglicher Zwischenfall in einem Supermarkt entwickelte sich zu einem Fall mit drastischen Folgen: Eine Kärntner Kassiererin verlor ihren Job – und gegen den beteiligten Kunden läuft nun ein Verfahren wegen des Verdachts der Verleumdung.
"Die Kunden werden immer aggressiver. Aber die Marktleitung sagt, das liege an Corona, am Ukraine-Krieg und an der Teuerung und wir müssten uns auf solche Kunden einstellen. Wir müssten lernen, damit umzugehen", so die betroffene Kassiererin gegenüber der "Kleinen Zeitung".
Ausgangspunkt war ein Vorfall im Juli: In einem Markt hatte sich ein 25-Prozent-Sticker von einem Produkt gelöst. Beim Bezahlen fiel der fehlende Rabatt nicht auf. Erst außerhalb des Geschäfts bemerkte der Kunde die 1,25 Euro Differenz – und kehrte laut der Mitarbeiterin wutentbrannt zurück.
Bereits zuvor sei der Mann aufgefallen: "Er war schon vorher unfreundlich bei der Pfandrückgabe, hat dann beim Kassieren nicht zurückgegrüßt." Als der Kunde zurückkam, eskalierte die Situation.
"Als er dann zurück in den Supermarkt kam, hat er geschrien, er werde die Polizei verständigen und hat mich beschimpft. Ich habe gesagt, ich sei nicht der Fußabstreifer für aggressive Kunden. Daraufhin hat er mir sein Handy vor das Gesicht gehalten und mich gefilmt", so die Kassiererin.
Beim Versuch, das Handy wegzudrücken, kam es zu einem körperlichen Kontakt. Während die Frau sagt, sie habe den Mann lediglich am Arm gepackt, behauptete der Kunde, sie hätte ihn ins Gesicht geschlagen – und zeigte sie wegen Körperverletzung an. Er erklärte zudem, er habe gar nicht gefilmt, sondern nur so getan.
Die Mitarbeiterin schildert, wie sehr sie der Vorfall belastet habe: "Ich war der Firma gegenüber immer loyal, bin angeschlagen und an meinem freien Samstag arbeiten gegangen. Mir hat der Fall so zugesetzt, dass ich in den Krankenstand gehen musste. Dass man sich von aggressiven Kunden alles gefallen lassen muss, hat mir sehr zugesetzt."
Kurz darauf folgte für sie der nächste Schock: "Und dann werde ich noch einer Straftat bezichtigt, die ich nicht begangen habe. Erst hieß es von meinem Vorgesetzten, ich könnte wegen der besonderen Umstände in eine andere Filiale wechseln. Dann, fünf, sechs Tage nach dem Vorfall erhielt ich die fristlose Entlassung."
Zu diesem Zeitpunkt lief das Verfahren wegen Körperverletzung noch. Wie die Staatsanwaltschaft Klagenfurt bestätigt, wurde es am 1. August eingestellt. Stattdessen richtet sich der Verdacht nun gegen den Kunden wegen möglicher Verleumdung.
Die betroffene Supermarktkette erklärt, man habe die Vorgeschichte bewertet und verweist auf frühere Zwischenfälle mit der Mitarbeiterin. "Es gab andere Vorfälle im Vorfeld, darauf möchten wir aber nicht näher eingehen. Wir trennen uns nicht gerne und nicht leichtfertig von Mitarbeitern", sagt ein Unternehmenssprecher. Zudem betont er, es gebe in der Filiale keine Videoüberwachung.
Nach der Anfrage der Kleinen Zeitung prüfte das Unternehmen den Fall erneut und lud die entlassene Kassiererin zu einem Gespräch ein. Ihre Antwort: "Kein Interesse."