Die kommende Hurrikan-Saison macht Meteorologen in den USA jetzt schon Sorgen: Die Wetterfrösche verlieren ab sofort ein hoch entwickeltes Instrument, das sich nach Ansicht vieler bei der Überwachung und Vorhersage von Hurrikanen als unschätzbar wertvoll erwiesen hat. Die National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) hat letzte Woche angekündigt, die Verarbeitung und die Verteilung von Daten des Special Sensor Microwave Imager / Sounder (SSMIS) dauerhaft einstellen zu wollen.
Der spezielle Sensor des SSMIS ist Teil von drei Wettersatelliten in erdnaher Umlaufbahn, die vom US-Wetterdienst NOAA und dem US-Verteidigungsministerium verwaltet werden. Laut NOAA liefert SSMIS wichtige Wetterinformationen, die derzeit noch nicht durch andere Satelliten und Wetterinstrumente ersetzt werden können.
Anders als andere vorhandene Tools bietet der Sensor Meteorologen die Möglichkeit, die inneren Abläufe aktiver tropischer Systeme zu untersuchen und ihr Verhalten zu verstehen. SSMIS nutzt Mikrowellen, um Wolken zu durchdringen und ein klareres Bild der inneren Struktur eines tropischen Wirbelsturms, einschließlich seines genauen Zentrums, zu erhalten.
Andere Wettersatelliten verwenden Bilder im sichtbaren und Infrarotbereich, die jedoch nur Details der Wolkendecke erfassen können, nicht aber das Geschehen im Inneren eines Zyklons. Nach Sonnenuntergang sind diese Satelliten zudem wirkungslos, da es zu dunkel ist und direkte Beobachtungen über offenem Meer selten sind. Daher verließen sich US-Meteorologen bisher auf die Daten, die das SSMIS-System sammelte.
Hurrikan-Spezialist John Morales ist besorgt. Der Verlust dieser Daten sei "ein weiterer unfassbarer Affront gegen die Wissenschaft und gefährdet Leben und Existenzgrundlagen", sagt er gegenüber dem Sender NBC News.
Fast 80 Prozent aller schweren Hurrikane in den Kategorien 3, 4 und 5, die als verheerend und katastrophal gelten, erfahren eine schnelle Intensivierung, warnt Meteorologe Morales. "Heute sitzen wir alle in einer Zeitmaschine, die uns kollektiv ins letzte Jahrhundert zurückversetzt", sagt er. Wenn Forschende die Daten des SSMIS verlieren, "dann müssen wir Hurrikane wieder verfolgen, als wäre es 1999. Nur dass dies keine Party ist. Und Menschen sterben könnten."