Anlässlich des Internationalen Frauentages am 8. März luden Bundespräsident Alexander Van der Bellen und seine Gattin Doris Schmidauer am Donnerstag in die Hofburg zur Veranstaltung "RISE & SHINE. Starke Ideen und Initiativen für eine geschlechtergerechte Zukunft".
Der Veranstaltung wohnten unter anderem die ehemalige Präsidentin der Slowakischen Republik, Zuzana Čaputová, und die queerfeministische Künstlerin Denice Bourbon sowie Opernsängerin Katia Ledoux bei.
Alexander Van der Bellen fand in seiner Rede zum Internationalen Frauentag klare Worte: "Wo genau befinden wir uns denn, wenn es um Frauenrechte geht? Wenn es um Rollenbilder geht? Schauen wir mal dort nach, wo man am besten nachschaut, wenn man so etwas wissen will: Auf Instagram!", leitete das Staatsoberhaupt ein.
Die Bilder würden dabei nicht der Realität entsprechen. "Eine Frau mit perfektem Lidstrich und gestylten Haaren in einer makellosen Küche. Sie trägt einen weiten Rock mit Küchenschürze und stellt Käse her", nannte er etwa als Beispiel. "Kein Vintage-Bild", sondern eines von vielen "Trad Wives, also traditionellen Hausfrauen", die aktuell TikTok und Instagram prägen.
Scrolle man weiter, finde man einen Mann, der Dating-Tricks und Manipulationsstrategien verrät, mit denen er "Frauen zu Trophäen degradiert". Ein Mann erkläre etwas über Bitcoins oder rede in seinem Podcast – eine Frau zeige ihr 5-Minuten-Make-Up, eine andere richte ein Kinderzimmer ein.
"Wir müssen gar nicht weit schauen, da offenbart sich ein Muster: Frauen auf sozialen Medien kochen, basteln, schminken. Und Männer trainieren, erklären, politisieren", so Van der Bellen – "Was da gezeigt wird, hat freilich mit der Wirklichkeit wenig zu tun".
Studien würden aber zeigen, dass "soziale Medien traditionelle Geschlechterrollen und Schönheitsideale verstärken. Sie prägen unser Frauenbild und mindern emanzipierte Ansichten", erklärte das Staatsoberhaupt. "Was unsere Kinder, unsere Jugendlichen auf Ihren Handys sehen, formt ihr Bild von dieser Welt."
Die Algorithmen der Plattformen würden die polarisierenden Inhalte noch weiter befeuern. Es werde eine binäre Welt gezeigt – "eine Welt der entgegengesetzten Kräfte". "So stolpere man beim Weiterscrollen nicht nur über veraltete Rollenbilder, problematische Männlichkeitsvorstellungen und aggressive Frauenfeindlichkeit, fuhr Van der Bellen fort. Sondern man finde auch Hassprediger und rassistische und menschenverachtende Propaganda, sowie jede Menge an Lügen, Verschwörungen und Desinformation.
"Und je öfter man diese Inhalte schaut, sei es auch nur aus Neugier, umso öfter werden sie einem angezeigt. Und schon sitzt man in der Falle", erklärte der Bundespräsident. "Daher mein Appell an alle, die Kinder und Jugendliche in Ihrem Umfeld haben, alle Tanten, Onkeln, großen Geschwister, Omas, Opas, Elternteile: Schauen wir genau hin", so Van der Bellen.
"Wir dürfen nicht blind dafür sein, was unsere Kids und Teens auf ihren Handys sehen. Interessieren wir uns dafür, reden wir mit ihnen darüber", betonte er weiter. Ansonsten würden die riesigen Tech-Konzerne immer weiter an Macht gewinnen und die Meinungen lenken, Stimmung machen und Wahlen manipulieren.
"Diese Einflussnahme ist Gift für unsere liberale Demokratie. Für Frauenrechte. Für Menschenrechte. Und für unser Miteinander", betonte Van der Bellen.
Trotz all dem gebe es aber Licht am Ende des Tunnels. "Denn ich weiß: Sie tun etwas. Mit Protesten, Initiativen, Kampagnen, und indem Sie durch Politik Veränderung erwirken. Viele von Ihnen posten über ihre Jobs und sind damit Karriere-Vorbilder. Viele von Ihnen zeigen, dass Schönheit keine Filter braucht und sprengen damit "normschöne" Vorstellungen", nannte Van der Bellen als Beispiel.
"Viele von Ihnen zeigen, dass das Leben mit Kindern chaotisch ist und viele zeigen wiederum, dass "kinderfrei" eine valide Lebensentscheidung ist. Viele von Ihnen teilen feministische Inhalte oder machen auf Mehrfachdiskriminierung aufmerksam und geben damit Gleichberechtigung eine Bühne. Viele von Ihnen stellen sich mit Wort und Tat gegen von Hass und Hetze und bieten damit Sexismus die Stirn", fuhr er fort.
"Kurz gesagt: Durch Sie alle werden die Bilder auf den Handys unserer Kinder Stück für Stück – oder sollte ich sagen "Swipe für Swipe" – feministischer, ermutigender und gerechter. Und die Wirklichkeit ebenfalls. Vielen Dank", schloss Van der Bellen seine Rede ab.