An jedem Fuß hat der Mensch fünf Zehen. Und auch wenn sie oft unterschätzt werden, erfüllen sie wichtige Aufgaben, ohne die wir uns nicht gut fortbewegen könnten. Verglichen mit anderen Tieren und unseren nächsten Verwandten, den Affen, haben wir sehr kurze Zehen. Aber warum?
Der wichtigste Faktor ist der dauerhafte, aufrechte Gang. Primaten nutzen ihre Füße zum Greifen, Krallen und Klettern, aber wir Menschen brauchen diese Funktion nicht mehr. Unser Fuß hat sich im Lauf der Evolution also von einem Greif- zu einem Lauf- und Standorgan entwickelt. Dafür braucht es einen stabilen, steifen Fuß.
Kurz gesagt: Affenfüße sind vielseitig, ideal zum Klettern, Menschenfüße sind spezialisiert zum Gehen und Laufen. Die kleineren Zehen sind also kein "Rückschritt", sondern eine hocheffiziente Anpassung an unseren Lebensstil als Langstrecken-Geher.
In einem Experiment aus dem Jahr 2009 testeten Forscher die Effizienz verschiedener Zehenlängen beim Menschen und stellten fest, dass Personen mit längeren Zehen viel mehr Energie zum Laufen aufwenden mussten, was auf einen Vorteil kleinerer Zehen für uns Zweibeiner hindeutet. Eine andere Studie ergab jedoch, dass Sprinter tendenziell längere Zehen haben, wodurch sie einen kurzen Geschwindigkeitsvorteil erzielen, dafür aber auch viel mehr Energie aufwenden müssen. Selbst der kleine Zeh, der wie der nutzloseste Körperteil des Menschen aussieht, erfüllt seine Aufgaben und das sogar sehr gut.
Natürlich gibt es Menschen, die ohne kleine Zehe geboren werden oder sie später aufgrund von Krankheiten oder Unfällen verlieren – und trotzdem gehen können. Das liegt daran, dass sich das Gehen daran anpasst. Dies kann jedoch zu einer veränderten Gangart oder sogar zu Stürzen aufgrund von Gleichgewichtsstörungen führen. Zudem steigt das Risiko für Fehlbelastungen des Fußes, weil andere Teile mehr Belastung übernehmen müssen.
Viele Tiere sind Vierbeiner oder Zehengänger. Sie verteilen ihr Gewicht auf mehrere Gliedmaßen oder haben ganz andere Fußstrukturen (Pfoten, Hufe, Krallen), die Stabilität anders erzeugen.
Manche Tiere haben zwar keinen "kleinen Zeh" wie wir, aber funktionale Entsprechungen, z. B. zusätzliche Zehen, Krallen oder verbreiterte Fußflächen.
Die große Zehe, kleine Zehe und die Ferse spielen die größte Rolle, wenn es ums Gleichgewichthalten geht. "Wir gehen wie auf einem Dreibein, wobei das Großzehengelenk, das kleine Zehengelenk und die Ferse die Stabilität eines Dreibeins gewährleisten", erklärte Dr. Wenjay Sung gegenüber PopSci. "Wenn man einen Teil dieses Dreibein entfernt, verliert man das Gleichgewicht."
Der kleine Zeh ist also kein Luxus, sondern Teil eines fein austarierten Systems, das uns sicheres Gehen, Stehen und Laufen ermöglicht. Die Natur hat sich bei der Konstruktion des menschlichen Fußes also durchaus etwas überlegt. Wie schlau!