Mega-Expansion

Westbahn greift ÖBB an: Mit Tempo 250 ab in den Süden

Mit 1. März 2026 startet die private Westbahn auch auf der Südbahn. Ebenso im Visier: neue Ziele in Deutschland, Ungarn und womöglich in Italien.
Team Wirtschaft
22.10.2025, 05:30
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Die Westbahn stellt die Weichen für die nächste mächtige Wachstums-Offensive: Wie die Geschäftsführer Thomas Posch und Marco Ramsbacher im "Heute"-Gespräch erklären, startet das Unternehmen am 1. März 2026 mit fünf täglichen Verbindungen pro Richtung von Wien nach Villach. Eingesetzt werden dafür drei neue einstöckige und superschnittige Hochgeschwindigkeitszüge vom Typ Stadler SMILE (IC250). "Das wird echt cool aussehen", sagt Posch. "Es ist das erste Mal, dass in Österreich ein Zug fährt, der wirklich ein Hochgeschwindigkeitszug ist."

Westbahn will mit mehr Qualität und zusätzlichen Stopps punkten

Laut den Manager sei die Süd-Expansion ursprünglich erst für die Zeit nach Fertigstellung des Semmering-Basistunnels im Jahr 2030 geplant gewesen. Angesichts massiver Probleme im Weihnachtsverkehr 2023/24 mit einer "inferioren Performance der ÖBB" haben man sich aber entschieden, den Start vorzuziehen. Die neuen Züge – 250 km/h Spitze, Ledersitze und das Westbahn-typische Drei-Klassen-System – werden demnächst geliefert, und zwar in einer Rekordzeit von 23 Monaten statt sonst üblicher fünf Jahre. Von Wien nach Klagenfurt bräuchten diese künftig 3:13 Stunden. Sie sind damit nur drei Minuten langsamer als der ÖBB-RJX – dafür mit zusätzlichen Stopps in Wiener Neustadt und am Semmering sowie in Kühnsdorf-Klopeiner See und Pörtschach, zwei für den Kärnten-Tourismus wichtigen Halten.

Stuttgart-Strecke schon im 1. Jahr profitabel

Auch wirtschaftlich sieht sich die Westbahn mit ihren aktuell gut 500 Mitarbeitern (Anfang 2022: 200!) auf Kurs. 2025 peile man zehn Millionen Fahrgäste an, nach knapp neun Millionen im Vorjahr. Die Strecke nach Stuttgart entwickle sich "prächtig" und sei bereits im ersten Jahr profitabel. "Normalerweise dauert es drei Jahre, bis sich eine neue Linie rechnet – Stuttgart schafft es im Jahr 1", sagt Posch. Der Vorteil sei die umsteigefreie Verbindung von Wien über München bis Stuttgart, ein Angebot, das es in Deutschland so nicht gebe. Zudem würden die Kunden die Betreuung durch die Crew zu schätzen wissen: Anders als bei der DB gebe es in den Zügen immer jemanden, der sich etwa bei Verspätungen um Fahrgäste kümmert.

Objektive Ausschreibung könnte Hunderte Millionen sparen

Auf der Tirol-Schiene meldet die Westbahn das dritte Wachstumsjahr in Folge und einen positiven Ergebnisbeitrag. Das zeige, so Ramsbacher und Posch, "dass man in Österreich aus eigener wirtschaftlicher Kraft ohne Subventionen im Fernverkehr fahren kann". Allein 2024 seien 1,4 Milliarden Euro an Leistungen direkt an den ÖBB-Personenverkehr vergeben worden. "Jeder Kugelschreiber wird ausgeschrieben, aber Milliarden für Zugleistungen nicht", moniert Ramsbacher. Durch objektive Ausschreibungen ließen sich 150 bis 300 Millionen Euro pro Jahr sparen – bei gleicher oder besserer Qualität. Über eine gesamte Legislaturperiode von fünf Jahren gerechnet könnte man sich "möglicherweise 1,5 Milliarden Euro einsparen".

Technik soll Mitarbeitern mehr Zeit für Kunden verschaffen

Technologisch will die Westbahn weiter auf Vereinfachung setzen. Der "Relax Check-in" bleibe ein Kernstück: Fahrgäste scannen am Platz einen QR-Code, die Crew sieht in Echtzeit, wo Tickets bereits geprüft sind. "Das nimmt unseren Teams Arbeit ab – und schafft Zeit für echte Anliegen der Kundinnen und Kunden", sagen die Westbahn-Chefs. Pro Zug brauche man dadurch heute zwei bis drei Crewmitglieder statt wie früher fünf bis sechs.

Langfristig 15 Fahren pro Tag und Richtung auf der Südbahn

Auch langfristig hat die Westbahn Großes vor. Mit der für 2030 geplanten Eröffnung des Semmering-Basistunnels wolle man auf der Südachse auf einen Stundentakt mit 15 Fahrten je Tag und Richtung wachsen, Wien–Graz solle dann in 1:50 Stunden, Wien–Klagenfurt in 2:30 Stunden zu schaffen sein. Auf der Westachse plant das Unternehmen, sobald die deutschen Schienen-Baustellen ab 2028 abgebaut sind, München von fünf auf sieben Verbindungen zu erhöhen, vier davon weiter nach Stuttgart und zwei bis drei bis Frankfurt zu führen.

Ab 2028 könnte es auch nach Ungarn gehen

Auch Budapest mit einer Option auf eine Verlängerung bis ins ost-ungarische Debrecen ab 2028 sei "in Prüfung". Zusätzlich gebe es Ideen (aber nicht mehr!) für Italien – etwa Bozen via Lienz oder Innsbruck sowie Venedig oder Rom via Villach und Udine. Das sei aber frühestens ab 2030 realistisch und derzeit "maximal zu 20 bis 30 Prozent" wahrscheinlich.

Saalfelden und Lienz als neue Inlandsziele

Neu auf dem Fahrplan stehen auch zwei Inlandsziele: Saalfelden und Lienz. Während Saalfelden womöglich schon mit dem aktuellen Fahrplan-Wechsel im Dezember angefahren wird, gilt eine tägliche Verbindung bis Lienz ab 2026 als realistische Ergänzung der Villach-Verbindungen. "Das ließe sich elegant machen – der Zug, der heute in Villach endet, könnte einfach bis Lienz weiterfahren", so Posch. In der Früh könnte die Garnitur dann aus Osttirol statt aus Villach nach Wien abfahren.

Zweistundentakt nach Tirol ab 2027

Ebenfalls bereits fix sind zusätzliche Verbindungen nach Tirol bzw. Vorarlberg. Sobald es von der Infrastruktur her möglich sei (also nach Ende der Generalsanierung der Strecke Salzburg–Rosenheim Mitte 2027), wolle man deutlich aufstocken. Innsbruck soll dann in einem Zweistundentakt sieben Mal pro Tag (statt wie bisher fünf Mal) ab Wien angefahren werden, vier Fahrten (derzeit zwei) wolle man bis Vorarlberg bzw. Lindau am Bodensee weiterziehen.

Flotte soll um bis zu 25 Züge aufgestockt werden

In Hinblick auf den geplanten massiven Angebots-Ausbau soll die Flotte bis 2030 jedenfalls von jetzt 15 auf 35 bis 40 Garnituren anwachsen. Aktuell befinde man sich laut Ramsbacher im Auschreibungsprozess. Offen ist, ob die drei SMILE-Züge von Stadler für die Südstrecke (Kostenpunkt: 40 Millionen Euro pro Stück) in die Flotte eingegliedert werden. Vorerst sind diese nur gemietet, bis später die Doppelstockzüge (die sind ja für aktuelle Südbahn-Strecke mit den alten Semmering-Tunnels zu hoch!) durch den Semmering-Basistunnel fahren kann.

{title && {title} } tmw, {title && {title} } Akt. 22.10.2025, 12:57, 22.10.2025, 05:30
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