Der Präsident der Industriellenvereinigung kokettierte Mittwochnacht im ZIB2-Studio offen mit einer deutlichen Anhebung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters.
Mit Blick auf Dänemark, wo das Pensionsantrittsalter bis 2040 auf 70 Jahre angehoben wird, sagte Knill: "Wir brauchen das definitiv".
Er wünscht sich eine solche automatische Anpassung an die Lebenserwartung auch hierzulande: "Wir können gerne Richtung 70 gehen. Warum soll es bei uns in Österreich anders sein?" Seine letzte Frage hat inzwischen viele Antworten – sie sind fast durchwegs negativ.
Arbeiterkammer Tirol-Präsident Erwin Zangerl spricht von einem "Generalangriff auf Arbeitnehmer": "Die Ideen von Knill & Co. offenbaren in Wirklichkeit ein Wirtschaftsverständnis, das den überwiegenden Teil der Belastungen auf die Arbeitnehmer:innen abwälzen will."
Auch GPA-Vorsitzende Barbara Teiber donnert: "Das ist kein seriöser Vorschlag, das ist eine bewusste Provokation. Arbeiten bis 70? Die Pensions-Fantasie der Industrie ist ein Albtraum der Beschäftigten!"
"Was Knill da fordert, ist keine Lösung. Wer sein Leben lang hart arbeitet, hat sich einen würdevollen Ruhestand verdient!", legt NÖ-Kontroll-Landesrat Sven Hergovich (SPÖ) nach: "Wer in der Pflege, am Bau oder in der Industrie arbeitet, braucht keine Pensionsdebatte aus dem Elfenbeinturm!"
SPÖ-Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim geht d'accord: "Die Industriellenvereinigung ist eine eiskalte Lobby der Superreichen, die auf das Wohl von älteren Menschen pfeift. Viele Menschen erreichen schon jetzt nicht das gesetzliche Pensionsantrittsalter." Mit der SPÖ werde es deshalb keine Erhöhung des gesetzlichen Pensionsalters geben.
Auch am anderen Ende des politischen Spektrums regt sich der Widerstand: "Wenn Knill meint, 'Wir können gerne Richtung 70 gehen', dann ist dieser salopp formulierte Satz nicht nur völlig realitätsfern und zynisch, sondern auch eine Form von 'Bashing älterer Arbeitnehmer in neoliberaler Manier', das völlig fehl am Platz ist", stellt FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch fest.
Ihr niederösterreichischer Parteikollege und AK-Vorstand Daniel Jägerbauer nennt den Knill-Knaller einen "Schlag ins Gesicht der ehrlichen Arbeiter und Angestellten", der IV-Chef habe den Bezug zur Realität verloren. "Ja, Herr Knill kann mit 70 Jahren noch im Maßanzug in ein Fernsehstudio spazieren und sich über die Hackler lustig machen. Aber versuchen Sie einmal, mit 70 eine Betonplatte zu schleppen, eine alte Dame aus dem Pflegebett zu heben oder im Winter mit der Schneeschaufel die Landesstraße freizumachen! Nicht ganz Österreich sitzt im klimatisierten Luxusbüro", wettert er und schließt: "Hackeln bis zum Umfallen? Nicht mit uns!"