Jürgen Klopp macht sich als "Head of Global Soccer" rar. Jetzt öffnet er sich in einem ausführlichen Interview mit dem international renommierten Fachportal "Athletic" – und hat dabei für Österreich einen bemerkenswerten Schwerpunkt gesetzt: Während der Ex-Liverpool-Coach Crystal-Palace-Trainer Oliver Glasner lobt, kommt Salzburg mit keinem Wort vor.
"Wow, die machen Wunder", schwärmt Klopp über zwei Trainer, die ihn derzeit besonders faszinieren. Einer davon: Oliver Glasner. Der Oberösterreicher holte mit dem Premier-League-Außenseiter den FA Cup und den Community Shield und ist seit 18 Spielen ungeschlagen. Erst am Wochenende fügte Glasner ausgerechnet Klopps Ex-Verein Liverpool die erste Saison-Niederlage zu. Der zweite "Wunder"-Coach? Andoni Iraola von Bournemouth.
Dass sein Job bei Red Bull in Deutschland kritisch gesehen wird, überrascht Klopp nicht.
"Ich wusste, dass das kommt. Ich bin Deutscher, ich weiß, was die Leute über Red Bull im Fußball denken. Sie lieben Red Bull in allen Bereichen – aber im Fußball? Nein. Das ist okay, jeder kann denken, was er will."
Er ergänzt: Wäre er als Trainer ins Ausland nach Italien oder Spanien gegangen, hätten die Leute wohl gefeiert. Wäre er aber zu Bayern gewechselt, "dann hätten die Dortmunder gesagt: 'Mag ich nicht!'"
Nach fast 25 Jahren als Coach genießt der 57-Jährige sein neues Leben.
"In 25 Jahren war ich zweimal auf einer Hochzeit – meine eigene und eine vor zwei Monaten. Im Kino war ich viermal, alle in den letzten acht Wochen", lacht er.
Jetzt entscheidet nicht mehr der Spielplan, sondern er selbst – oder Ehefrau Ulla: "Ich kann auf Urlaub fahren, und ich bestimme wann. Okay, Ulla bestimmt."
Besonders in Leipzig und bei Paris FC habe Klopp bereits mitgemischt. Dort war er bei zahlreichen Transfers eingebunden, telefonierte mit Spielern, sichtete Profile. Leipzig hat nun den jüngsten Kader der Bundesliga.
Salzburg? Kein Thema. Der kriselnde Serienmeister wurde von Klopp in dem Interview nicht einmal erwähnt, stand aber im Gespräch in New York freilich auch nicht im Fokus des Mediums.
Klopp sieht sich als Klub-Bauer, Red Bulls Philosophie passe dazu: "Wir sind nicht das Endziel. Wir sind nicht Liverpool… oder früher Manchester United!" Auch sein Spielstil ergänze sich mit der RB-Identität gut. Liverpool verpflichtete in seiner Amtszeit mehrere Spieler aus dem Red-Bull-Kosmos – von Sadio Mané bis Dominik Szoboszlai.
Er will nicht zum "alten Mann im Raum" werden: "Der, der sagt: 'Früher war alles besser!' Ich hoffe, ich höre auf, bevor es so weit ist. Ich will der Notruf für Trainer oder Sportdirektoren sein."
Trainer-Entlassungen wie jene von Marco Rose in Leipzig seien Teil des Jobs: "Es wird nie mein Hobby. Aber manchmal muss es sein."
Seinen alten Rivalen Guardiola zollt Klopp Respekt: "Er hat sogar sein Golf-Handicap verbessert. Ich hatte keine Minute für Golf – deshalb ist er ein Genie und ich nicht."
Und dann liefert Klopp den vielleicht schrägsten Satz des Interviews: "Ich bin nicht der Papst des Fußballs, der den Leuten sagt, was sie tun sollen. Zumindest nicht außerhalb der Red-Bull-Welt."