Maul- und Klauenseuche

"100.000 € Verlust" – Landwirt zu drohender Katastrophe

Wenn die Maul- und Klauenseuche einen Betrieb erreicht, werden alle Tiere getötet, sagt Thomas Erber. Der Landwirt sieht darin eine große Gefahr.
Aram Ghadimi
17.04.2025, 05:30

"Früher warst du mit 50 Kälbern ein gemachter Mann", erzählt Thomas Erber aus Wolfpassing im Bezirk Scheibbs. In wievielter Generation er Landwirt ist, weiß er nicht, weil die Aufzeichnungen über seine Familie "nur" zurück bis ins Jahr 1750 reichen und sich dann verlieren.

Existenz der Landwirtschaft bedroht

Der Niederösterreicher ist wegen der grassierenden Maul- und Klauenseuche in Sorge um seinen Betrieb. Mittlerweile hat er aber den Überblick verloren, wie nun die gesetzliche Lage rund um das gefährliche Virus ist. Er weiß nur: "Diese Tierseuche ist für Landwirte existenzbedrohend."

„Sobald ein Betrieb die Maul- und Klauenseuche hat, werden alle Tiere getötet.“
Thomas ErberLandwirt im Bezirk Scheibbs

In den letzten Tagen hatten sich die Meldungen dazu überschlagen: 24 Grenzübergänge sind vorübergehend geschlossen, das Bundesheer wurde zu Hilfe gerufen, Seuchenteppiche sollen die Ausbreitung aufhalten.

Deutschland, Ungarn, Slowakei – bald Österreich?

Im Jänner brach das Virus in Deutschland aus, wo es seit 1988 keinen Fall mehr gegeben hat. Am 7. März kam es dann zu einem Ausbruch in Ungarn (Győr-Moson-Sopron). Und am 21. März meldete die Slowakei (Trnavský) den Ausbruch der Seuche. Sowohl in Ungarn als auch in der Slowakei kam es anschließend zu weiteren Fällen, teils nahe der österreichischen Grenze.

In Österreich gelten derzeit Überwachungszonen (z.B. einzelne Gemeinden) und erweiterte Sperrzonen (nördliches Burgenland, Teile von Niederösterreich), in denen strenge Maßnahmen gelten. Während sich Menschen in den seltensten Fällen infizieren und auch dann kaum Symptome zeigen, besteht durch das Virus eine große Gefahr für Tiere.

Millionen Tiere bedroht

"Sobald ein Betrieb die Maul- und Klauenseuche hat, werden alle Tiere getötet", sagt Thomas Erber in trockenem Ton. Erber ist 53 Jahre alt und alleinstehend. Auf 18 Hektar baut er Weizen, Gerste, Ackerbohne und Mais an – alles für seine Tiere.

Seine 50 Mastkalbinnen, die sechs bis acht Stiere und 150 Hühner brauchen Erbers vollste Zuwendung. Sein Betrieb ist ein reiner Mastbetrieb, ausgelegt auf die Fleischproduktion. Eigentlich verspricht das bessere Umsätze als reiner Ackerbau – vorausgesetzt, es steht keine Seuche vor der Stalltüre. Derzeit sind aber Millionen Tiere bedroht.

Was ist die Maul- und Klauenseuche (MKS)?

Beim hochansteckenden MKS-Virus aus der Familie der Picornaviridae handelt es sich um einen Erreger, der insbesondere Paarhufer wie Rinder, Schweine, Schafe, Ziegen und Wildtiere befällt. Übertragungswege sind direkter Kontakt zu infizierten Tieren oder deren Produkten (z.B. Fleisch, Milch, Samen), kontaminierte Gegenstände, Futter sowie der Luftweg – teils bis 60km. Die Inkubationszeit beträgt 2 bis 14 Tage. Symptome sind unter anderem Blasenbildung im Maul, am Euter und an den Klauen, Fieber bis 42°C, Lahmheit und Rückgang der Milchleistung. Bis zu 75% der Kälber sterben daran. Eine Therapie existiert nicht. In Österreich leben etwa 4,84 Millionen empfängliche Tiere, davon rund 1,18 Millionen in Niederösterreich.

"Für die Tonne Weizen bekommen wir gerade einmal 200 Euro", rechnet Erber vor und fügt an: "Der Verkauf einer Kalbin bringt aber 1.700 bis 2.000 Euro, nach 19 Monaten in der Mast." Die Rechnung sei klar, die Kalkulation aber trotzdem knapp, sagt der Niederösterreicher, der neben seiner Landwirtschaft noch 20 Stunden in einer Ofenbaufirma arbeitet.

Die grassierende Maul- und Klauenseuche könnte jetzt aber im Handumdrehen einen gewaltigen Strich durch Erbers Rechnung machen: "Wenn meine Tiere getötet werden, ist das ein Verlust von über 100.000 Euro für mich – über Nacht. Es wäre eine Katastrophe, denn die Versicherung übernimmt vielleicht 500 Euro, je nach Größe des Tieres."

Rindermast als Landwirtschaft am Limit

Zur Veranschaulichung: Die Anforderungen an die Qualitätsrindermast setzen ein Schlachtgewicht von 580 bis 630 Kilo voraus, schreibt die Landwirtschaftskammer. Das Geburtsgewicht liegt aber irgendwo bei 40 Kilo. Deshalb sollte die tägliche Gewichtszunahme mindestens ein Kilo betragen. Dafür ist das Mehrfache an Futter nötig, weshalb Erber die gesamte Fläche seines Betriebes für den Futteranbau braucht.

"Bio geht sich da nicht mehr aus. Die Weideflächen dafür bekomme ich hier in meiner Gegend einfach nicht", sagt Erber, der deshalb auf Silofutter setzt: "Wer würde dann die Weidearbeit machen, die Tiere raus auf die Wiese und wieder rein in den Stall bringen?"

Maßnahmen auch im Mai

Der Niederösterreicher ist jeden Tag froh, dass er seinen Betrieb in der bestehenden Form noch betreiben kann. Sein 86-jähriger Vater, die auch schon betagte Mutter und zeitweise sein Neffe helfen aus. Ein Ausbruch der Seuche in Österreich wie zuletzt 1981 wäre fatal. "Mein Großvater hat in den 1930er-Jahren erlebt, was das bedeutet", sagt Erber.

Der 53-Jährige kann erst aufatmen, wenn die Gefahr endgültig gebannt ist. Es bleibt offen, wie lange die Lage noch angespannt bleibt. Zu einem Ausbruch in Österreich ist es bisher nicht gekommen. Gleichzeitig schreitet die Eindämmung voran. Die dazu notwendigen Maßnahmen laufen noch bis 20. Mai, hieß es zuletzt aus dem Gesundheitsministerium.

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