"Das war so unerwartet"

85 Meter tief! Plötzlich entsteht Riesen-Krater im Eis

Eine Studie der ESA zeigt, welch zerstörerisches Potenzial Grönlands Schmelzwasser hat. Es kann sogar den Eisschild durchbrechen.
Newsdesk Heute
31.07.2025, 16:09
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"Wir dachten zuerst, es gäbe ein Problem mit unseren Daten" – so beschreibt Jade Bowling von der britischen Lancaster University das, was Satellitenbilder aus Grönland offenbarten: Dort war plötzlich ein riesiger, mit Wasser gefüllter Krater entstanden. Der Krater hatte sich innerhalb von zehn Tagen auf der Oberfläche der Eisdecke gebildet. Er war 85 Meter tief und rund zwei Quadratkilometer groß.

Weiter entdeckten die Forschenden erhebliche Schäden im Eisschild: "Das war so unerwartet."

Was ist daran so ungewöhnlich?

Die Region galt nach bisherigen Modellen als gefroren – ein Wasseraufstieg durch das Eis galt dort als kaum möglich. "Der plötzliche Anstieg des Schmelzwassers war an sich schon erschreckend", teilt die Europäische Weltraumorganisation ESA mit. Noch alarmierender seien jedoch die damit einhergehenden Schäden gewesen: "25 Meter hohe Eisblöcke wurden aus der Oberfläche gerissen, tiefe Risse bildeten sich in der Eisdecke und die Eisoberfläche wurde durch die zerstörerische Kraft der Flut abgetragen."

Die Detailaufnahme des entstandenen Krater und des Austrittsorts der Schmelzwasserflut, aufgenommen 2024.
Copernicus Sentinel-2 / ESA, CC BY-SA 3.0 IGO

Welche Erklärung gibt es dafür?

Das Team um Bowling analysierte 3D-Modelle sowie Daten aus mehreren Satellitenmissionen. "Je tiefer wir in die Analyse einstiegen, desto klarer wurde, dass wir die Folgen einer gewaltigen Flut beobachteten, bei der Wasser unter dem Eis hervorgebrochen war", so Bowling. Das Wasser habe sich zuvor in einem sogenannten subglazialen – das heißt: einem unter einem Gletscher liegenden – See befunden und dann den Eisschild durchbrochen.

Etwa 90 Millionen Kubikmeter Wasser sollen aus dem Boden geschossen sein – das entspricht etwa der Wassermenge, die innerhalb von neun Stunden die Niagarafälle hinabströmt. Das macht die Flut zu einer der größten jemals in Grönland registrierten subglazialen Überschwemmungen.

Warum kommt das unerwartet?

Weil man bisher davon ausging, "dass Schmelzwasser von der Oberfläche des Eisschildes nach unten bis zu seiner Basis fließt und schließlich ins Meer gelangt", so die ESA. Die neuen Erkenntnisse zeigen aber, dass Wasser auch in die entgegengesetzte Richtung fließen kann – nach oben durch das Eis hindurch. Das internationale Team vermutet, dass starker Druck Risse unter und durch die Eisdecke verursacht hatte, wodurch Kanäle entstanden, durch die das Wasser aufsteigen konnte.

Was bringt das neue Wissen?

Aktuelle Modelle, die vorhersagen, wie Schelfeis auf den Klimawandel und die zunehmende Eisschmelze reagieren wird, berücksichtigen diese durch Risse verursachten Aufwärtsströmungen nicht, so die Forschenden.

Das dürfte sich nun, wo man weiß, dass das möglich ist, ändern, wie die Nachrichtenagentur DPA schreibt: Mit zunehmender Erwärmung der Arktis steige auch das Risiko plötzlicher Flutereignisse – insbesondere, wenn immer mehr Oberflächenschmelzwasser in bislang gefrorene Bereiche des Eisschilds eindringt.

"Die Existenz subglazialer Seen unter dem grönländischen Eisschild ist eine relativ neue Entdeckung und – wie unsere Studie zeigt – wissen wir noch vieles nicht darüber", so Jade Bowling.
Lancaster University

Künftige Forschungen müssten nun zeigen, wie häufig solche Phänomene auftreten könnten und welche globalen Folgen sie haben.

Die Veränderungen im grönländischen Eis traten bereits im Jahr 2014 auf. Doch erst in den vergangenen Jahren konnte dieses Ereignis mit Satellitendaten von unter anderem der ESA entdeckt und erforscht werden.

Die Studie ist im Fachjournal "Nature Geoscience" erschienen.

{title && {title} } red, {title && {title} } Akt. 31.07.2025, 16:23, 31.07.2025, 16:09
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