Fieses Geschäftsmodell

9 Minuten kosteten 580 € – Abcashen mit Parkstrafen

Neun Minuten am Kundenparkplatz und 580 Euro leichter: auf diese Masche ist Oliver M. in Wiener Neudorf hereingefallen.
Victoria Carina  Frühwirth
10.07.2025, 05:30
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Keine zehn Minuten am Parkplatz der Apotheke warten, während die Partnerin drinnen bezahlt: dieser Einkauf führte für Oliver M. zu einer saftigen Rechnung über 580 Euro! Jetzt ist er Teil eines wachsenden Phänomens: Besitzstörungsklagen als Geschäftsmodell. Der ÖAMTC warnt.

Beifahrerin war Kundin, nicht der Lenker

Der Fall wirkt absurd – und ist doch kein Einzelfall. M. stellte sein Auto vergangenen November für wenige Minuten auf den Kundenparkplatz einer Apotheke in Wiener Neudorf ab. "Ich habe sie von der Arbeit abgeholt, sie war noch in der Apotheke", sagte er gegenüber "ORF NÖ". M. selbst blieb im Auto, verließ es nicht einmal.

Trotzdem flatterte im Mai ein Schreiben ins Haus – ein Anwalt forderte 240 Euro, wegen einer angeblichen Besitzstörung im November. Der Vorwurf: Der Autolenker war selbst nicht in der Apotheke einkaufen.

Dringende Forderung wegen Geldstrafe

Als er die Situation erklären wollte, zeigte sich der Anwalt unerbittlich: "Ich habe genau noch zwei Tage Zeit, die 240 Euro einzuzahlen. Sonst wird er eben eine Klage bei Gericht einbringen", schildert M. dem "ORF NÖ".

Die verantwortliche Firma T1 Parkraumüberwachung erklärte gegenüber dem "ORF NÖ": "Nach den uns vorliegenden Unterlagen hatte der Lenker den Kundenparkplatz benutzt, um eine vom Bahnhof kommende Person abzuholen." Die Disziplin der Parker habe sich "in letzter Zeit eklatant verschlechtert". Täglich würden eine Vielzahl von widerrechtlich abgestellten Fahrzeugen vor Ort parken. Man reagiere nur auf missbräuchliche Nutzung, heißt es.

ÖAMTC ortet Geschäftsmodell: Tausende Fälle pro Jahr!

Beim ÖAMTC schrillen längst die Alarmglocken: Tausende ähnliche Fälle landen hier jährlich auf dem Tisch. Und viele davon ähneln der obigen Situation: kurzes Halten, hohe Strafe, wenig Kulanz oder Verständnis.

„Derzeit gilt das Motto: Wer es einmal tut, wird es wieder tun.“
Nikolaus AuthriedÖAMTC-Jurist gegenüber ORF NÖ

ÖAMTC-Jurist Nikolaus Authried sieht ein System dahinter: "Wo dann jeweils um die 400 Euro als außergerichtliches Vergleichsangebot des Besitzers (gefordert werden), wo man schon sagen kann, dass der Betrag in keinem Verhältnis zur Störung (steht), auch wenn sie wirklich stattgefunden hat – und das stößt vielen so sauer auf", so Authried gegenüber dem "ORF NÖ".

Besonders betroffen seien Städte wie St. Pölten oder das Wiener Umland, wo Parkplätze knapp sind. Manche Unternehmen würden laut ÖAMTC sogar gezielt Grundstücke anmieten und mit Kameras überwachen lassen, um mit Parkstrafen Geld einzutreiben.

ÖAMTC verlangt Gesetzesreform

Die Forderung: Eine gesetzliche Deckelung solcher Beträge – etwa Vertragsstrafen zwischen 70 und 120 Euro bei kleineren Vergehen. Auch die Gerichtskosten müssten gesenkt werden, heißt es. Das Justizministerium prüfe derzeit Reformvorschläge.

Wer ein solches Schreiben erhält, solle laut ÖAMTC nicht gleich zahlen, sondern den Fall prüfen lassen. Denn: Für eine Besitzstörungsklage sei laut Authried entscheidend, ob Wiederholungsgefahr bestehe. "Derzeit gilt das Motto: Wer es einmal gemacht hat, der wird es wieder tun." Wer aber glaubhaft eine Wiederholung ausschließt, etwa durch eine Unterlassungserklärung, könne die Klage vermeiden – so der Experte.

Oliver M. wollte sich das nicht gefallen lassen – und ging vor Gericht. Doch wegen des hohen Prozessrisikos und Kosten bis zu 2.000 Euro knickte er schließlich doch ein. Die Endabrechnung: 580 Euro. "Ein teurer Spaß", sagt er bitter im Rückblick.

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