Um kurz vor 9 Uhr wurde es ganz still im gesteckt vollen Schwurgerichtssaal des Landesgerichts Innsbruck, wo am Dienstag der erste Strafprozess gegen den gefallenen Immo-Jongleur René Benko startete. Alle warten gespannt auf den Angeklagten – auch "Heute" ist unter den rund 70 Medienvertretern im Saal. Vorne drängen sich die Fotografen und Kameraleute.
Es ist der erste "Auftritt" des Signa-Gründers seit seiner Verhaftung am 23. Jänner 2025. Wie wird er aussehen? Was hat er an? Wird er reden oder schweigen?
Eskortiert von kräftigen Justizwachebeamten betritt Benko den Saal: sichtlich abgemagert, gezeichnet von mehr als acht Monaten U-Haft. Mit tiefen Augenringen wirkt er erschöpft, lässt das minutenlange Blitzlichtgewitter der Fotografen über sich ergehen. Den Blick hat er nach unten oder starr nach vorne gerichtet.
Der 48-Jährige trägt einen dunklen Anzug, weißes Hemd und eine rötliche Krawatte. Auf sein Äußeres dürfte der Ex-Milliardär nach wie vor recht viel Wert legen. Auffällig ist die akkurate Frisur – als wäre er frisch vom Friseur gekommen: An den Seiten und hinten kurz rasiert, der Schopf am Oberkopf ist länger. Das ist besonders gut zu sehen, als er dann vorne am Tisch vor der Richterin Platz genommen hat und das "Publikum" ihn nur mehr von hinten sieht.
Im Gefängnis scheint es also gute Friseure zu geben? Wer seinem Mandanten den frischen Haarschnitt verpasst hat, mag Benkos Anwalt Norbert Wess später auf "Heute"-Nachfrage nicht verraten. Aber dass die Frisur auffällt, entlockt ihm ein Schmunzeln.
Mit in den Saal gebracht hat Benko eine dicke Aktenmappe, die dann vor ihm auf dem Tisch liegt. Wohl alles Unterlagen, seinen Prozess betreffend. Zeit seines Lebens war Benko ein Viel-Arbeiter, im Gefängnis dürfte sich das nicht sehr geändert haben – dem Vernehmen nach ist er täglich viele Stunden mit der Vorbereitung seiner Prozesse beschäftigt. "Es ist unglaublich, wie viel Benko gearbeitet hat und arbeitet", sagt sein Verteidiger Wess im Gerichtssaal: "Ich bin auch kein fauler Mensch – aber gegen Herrn Benko bin ich faul."
Zum Auftakt befragt die Richterin Benko zu seinen persönlichen Verhältnissen. Er antwortet mit leiser, aber fester Stimme. Er sei verheiratet, habe vier Kinder, von denen drei im Haushalt seiner Frau leben ("geht ja nicht anders, da ich seit fast neun Monaten in U-Haft bin"). Einkommen habe er derzeit keines. Schulden? "Dazu möchte ich nichts sagen." Im Rahmen des Konkurses seien ja eh Forderungen gelistet.
Während die Oberstaatsanwältin und anschließend sein Anwalt ihre Vorträge halten, bleibt Benko vorn am Tisch sitzen. Blickt nach vorn, nur gelegentlich zu seinem Anwalt.
„Vorwürfe der Staatsanwaltschaft sind an Zynismus kaum überbietbar.“René Benkovor Gericht
Die Anklage wirft Benko betrügerische Krida vor – er soll Vermögen beiseite geschafft und so seine Gläubiger geschädigt haben. Es geht in diesem ersten von wohl vielen Prozessen um eine vergleichsweise geringe Schadenssumme von 660.000 Euro. Bis zu zehn Jahre Haft drohen, es gilt die Unschuldsvermutung. Konkret geht es bei den Vorwürfen um eine von Benko geleistete Mietvorauszahlung und eine Überweisung an seine Mutter. Anwalt Wess nahm die Vorwürfe als "rechtlich falsch" vor Gericht auseinander.
Dann ist er selbst am Wort. Die Frage der Richterin, ob er aussagen will, beantwortet er mit Ja. Er bezeichnet die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft als "an Zynismus kaum überbietbar" und bekennt sich als "nicht schuldig". Im Übrigen verweist er auf eine schriftliche Gegenäußerung, die er mit seinen Anwälten erarbeitet und am Freitag eingebracht habe. Erst so spät, weil er früher als gedacht von der Wiener Justizanstalt Josefstadt in den "Ziegelstadl" in Innsbruck überstellt worden und dann eben nicht mehr in Wien gewesen sei. "Das hat mich irritiert."
Weitere Fragen der Richterin möchte Benko dann allerdings doch nicht mehr beantworten. "Nein, möchte ich nicht", sagt er leise, aber bestimmt.
Und so ist der erste Verhandlungstag, der an und für sich bis 18 Uhr anberaumt war, schon um 11, also nach zwei Stunden, wieder zu Ende. Versuche von Anwalt und Richterin, für Mittwoch vorgesehene Zeugenbefragungen vorzuverlegen, schlagen fehl.
Benko ist damit pünktlich zum Mittagessen wieder im Ziegelstadl - wo er im Tagesverlauf weiter mit seinem Anwalt konferiert haben dürfte.