Es wird wohl noch viele Jahre dauern, bis Menschen ihren Fuß auf den Mars setzen. Aber die Vorbereitungen laufen. Trainiert wird jetzt auch in Bunkern und Tauchkapseln. Drei Jahre lang wurde das Projekt "World's Biggest Analog" vorbereitet und soll zeigen, wie wir als Gemeinschaft im Weltall leben und arbeiten werden.
Insgesamt werden jetzt 70 sogenannte Analog-Astronauten zwei Wochen lang bis zum 26. Oktober 2025 weltweit verteilt in 17 Habitaten leben. Sie beschäftigen sich etwa damit, wie man unter extremen Bedingungen und Stress Entscheidungen trifft, wie Mikroorganismen unter Mars-Bedingungen überleben, wie ein kleines Glashaus auf engem Raum funktioniert oder wie man die Luft in Innenräumen sauber hält. Das Österreichische Weltraum Forum (ÖWF) koordiniert das Projekt gemeinsam mit anderen Institutionen aus Amerika, Asien, Australien, Afrika und Europa. Geleitet wird die von Wien aus koordinierte Mission von der 44-jährigen deutschen Analog-Astronautin Anika Mehlis aus Plauen. An dem Projekt sind insgesamt 200 Forscher aus 25 Nationen beteiligt.
Die Habitate – manche geschlossen, manche im Freien – befinden sich unter anderem in Jordanien, Frankreich, Polen, USA, Australien und Indien. Rund zwei Drittel von ihnen simulieren Bedingungen wie auf dem Mars, beispielsweise mit einem Wüstenklima. Ein Drittel orientiert sich am Mond.
"Jede Station ist einzigartig, aber das Training der Crew ist vergleichbar und die dort durchgeführten Experimente ebenso", erklärte ÖWF-Direktor Gernot Grömer. In Polen zum Beispiel dient ein alter Kriegsbunker als Habitat: "Das war ein Hangar, der für Bomberverbände des Warschauer Paktes gebaut worden ist, um über Westeuropa einen Bombenhagel zu bringen. Jetzt haben wir eine hochinternationale, rein weibliche Crew dort, die für kollaborative Raumfahrtexperimente zur Verfügung steht. Wie cool ist das bitte?"
In der Nähe von Prag wird in einer Art Taucherkapsel sogar ein Raumschiff simuliert, das von der Erde zum Mars unterwegs ist. "Hier leben drei Menschen auf acht Quadratmetern zusammen." Die längste Mission dort hat bisher eine Woche gedauert. "Wir betreten mit zwei Wochen hier forschungstechnisch Neuland", sagte Grömer. "Es ist, wie wenn man jeden Tag ein Buch mit weißen Seiten aufschlägt und die ersten Kapitel schreibt. Wir werden wohl jeden Tag rausgehen und sagen können: Heute haben wir etwas Neues gelernt."
„Wir werden wohl jeden Tag rausgehen und sagen können: Heute haben wir etwas Neues gelernt.“
Früher waren solche Missionen Einzeldurchgänge. Jetzt können die Stationen erstmals in Echtzeit miteinander reden. "Für uns ist daher spannend: Wie sehr ändert sich das Gefühl der Isolation, wenn man weiß, dass es noch andere Stationen auf dem Planeten gibt, mit denen ich mich in Echtzeit unterhalten kann. Das hat es bisher noch nicht gegeben", so Grömer.
"Die ersten Menschen, die einmal auf dem Mars gehen werden, sind schon geboren", ist sich der ÖWF-Direktor sicher. Große Weltraumorganisationen rechnen damit, dass das in den 2040er Jahren passieren wird. Die Mission mit 200 Forschenden soll vor allem eine "Lern-Erfahrung" sein. Fehler sind erlaubt, denn aus jedem Fehler kann man lernen und so mehr über das Leben auf Mond und Mars erfahren.
Solche Analogmissionen sind wichtig, weil sie erlauben, extreme Bedingungen, wie sie Astronauten im All erleben, vorab zu testen. "Dabei testen wir Ausrüstung und Arbeitsabläufe und suchen nach Schwachpunkten, damit beim tatsächlichen Einsatz alles glattgeht", so ÖWF-Analog-Astronautin Anika Mehlis, die schon an zwei Mars-Analog-Missionen in Armenien und Israel teilgenommen hat. Sie leitet diesmal das Missions-Koordinationszentrum.