Die Stadt rüstet sich mit voller Kraft gegen die Hitzewellen der Zukunft. Asphalt weicht Grün, Bäume wachsen, Wasserspiele sollen kühlen. 100 Millionen Euro wurden in den vergangenen Jahren für Entsiegelung locker gemacht, mehr als 70.000 Quadratmeter Fläche wurden begrünt. Doch während die Stadt mit großen Zahlen glänzt, wird hinter den Kulissen ein zäher Kampf gegen die eigenen Gesetze geführt.
Denn das Bauordnungs- und Raumrecht bremst den Umbau oft aus, sagen Experten. Architektur- und Stadtforscher Robert Temel findet gegenüber dem "ORF" klare Worte: "Unser ganzes Baurecht, unser ganzes Raumordnungsrecht geht davon aus, dass man neu auf der grünen Wiese baut." Dabei müsse man laut Temel längst "so weitgehend wie möglich im Bestand bauen".
Während Wien im internationalen Vergleich gar nicht so schlecht dastehe, seien andere Bundesländer laut Temel noch weit davon entfernt, verdichtetes Bauen ernsthaft umzusetzen. Und auch in Wien selbst sorgt der zersiedelte Randbereich mit Einfamilienhäusern für Probleme: An der Stadtgrenze herrsche bis heute ein "platzraubender Fleckerlteppich".
Dabei hängen Verdichtung und Entsiegelung eng zusammen: "Wenn ich in die Höhe baue, brauche ich weniger Grundfläche und kann dort entsiegeln", erklärt Temel. Doch diese Erkenntnis setzt sich erst langsam durch. Viele Stadtteile leiden noch immer unter massiver Bodenversiegelung – selbst in Neubaugebieten wie der Seestadt.
Auf dem ehemaligen Flugfeld Aspern entsteht seit 2007 ein moderner Stadtteil – grün gedacht, doch oft grau gebaut. Bodenschutz und Entsiegelung kamen zu kurz, räumt selbst die Stadt ein. Als Reaktion startete man nun eine "Nachbegrünungsoffensive".
Denn laut Temel geht es längst nicht mehr nur um Klimaschutz, sondern auch um die Anpassung an den Klimawandel: "Bodenversiegelung ist im Wesentlichen ein entscheidender Faktor. Das hätte von Anfang an klar sein können, war aber dann halt viel später erst Thema." Erst in den letzten zehn bis 15 Jahren sei das Bewusstsein gewachsen.
Ein weiteres Großprojekt steht bereits in den Startlöchern: Der versiegelte Vorplatz des Hauptbahnhofs soll ab kommendem Jahr aufgegrünt werden. Wien verweist auf 344 Entsiegelungsprojekte, die seit 2021 in allen 23 Bezirken umgesetzt oder in Planung sind.
Dazu kommen 3.316 neue Bäume, 2.745 Sitzgelegenheiten und fast 2.000 Quadratmeter an Wasserspielen – alles Teil der grünen Offensive gegen die urbane Hitze. Doch ohne ein Umdenken in der Gesetzgebung, so der Tenor vieler Experten, bleibt jeder neue Baum ein Tropfen auf dem heißen Asphalt.