Teurer als Venedig

Berühmtes Windmühlen-Dorf in Holland führt Eintritt ein

Mit seinen Windmühlen gilt Zaanse Schans als Inbegriff holländischer Idylle. Doch die Touristenmassen sind kaum noch zu bewältigen.
Nick Wolfinger
30.09.2025, 10:41
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Zaanse Schans gilt als das Symbol niederländischer Idylle – Windmühlen, Käse, Holzschuhe und grüne Holzhäuser ziehen jährlich Millionen Besucher an. Für viele Holland-Touristen ist es der Inbegriff des Landes, das "typische Niederlande-Foto" quasi Pflicht. Doch damit ist jetzt Schluss – zumindest gratis.

Tourismus-Boom zu viel für kleines Dorf

Ab 2026 verlangt die Gemeinde 17,50 Euro Eintritt pro Person. Wer nicht aus der Region stammt, muss zahlen. Der Grund: Das 100-Einwohner-Dorf ist zum Paradebeispiel für Overtourism in den Niederlanden geworden.

Zaanse Schans liegt nur 20 Kilometer von Amsterdam entfernt und ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln leicht erreichbar – ein ideales Ziel für Tagesausflüge. Doch genau das ist das Problem: 2024 wurden 2,6 Millionen Besucher gezählt.

Postkarten-Idylle pur: Dafür steht das nordholländische Dorf Zaanse Schans.
Getty Images

Besucher pinkeln in die Gärten

Museumsleiterin Marieke Verweij bringt es auf den Punkt: "2017 hatten wir 1,7 Millionen Besucher … dieses Jahr steuern wir auf 2,8 Millionen zu", erzählt sie der britischen BBC bei einem Lokalaugenschein. "Aber das ist ein kleiner Ort! Wir haben einfach nicht genug Platz für all diese Leute!".

Viele Besucher wüssten oft gar nicht, dass hier Menschen leben. "Sie pinkeln in ihre Gärten, klopfen an Türen, machen Fotos, benutzen Selfie-Sticks, um in die Häuser zu spähen. Also überhaupt keine Privatsphäre", so Verweij.

Windmühlen-Sammlung entstand 1972

Zaanse Schans ist kein natürlich gewachsenes Dorf, sondern wurde ab 1961 als Museumsdorf aufgebaut. Windmühlen, Werkstätten und alte Holzhäuser aus der Region wurden Stück für Stück hierher versetzt. 1972 wurde das Gelände feierlich eröffnet.

Heute zeigt das Dorf das Leben im Holland des 17. und 18. Jahrhunderts – mit funktionierenden Windmühlen, einer Käserei, Schuhmacher-Werkstatt, Trachtenpersonal und einem Museum, das sogar ein echtes Monet-Gemälde beherbergt.

Ausnahmen für Schülergruppen

Ab 2026 wird der Zugang über kontrollierte Eingänge geregelt. Im Ticketpreis sind zwei bisher kostenpflichtige Bereiche enthalten: das Museum und der Zugang ins Innere der Mühlen. Die Gemeinde rechnet mit rund 24,5 Millionen Euro jährlich – Geld, das in Toiletten, Infrastruktur und Erhalt fließen soll.

Einheimische aus der Umgebung sollen sich per Ausweis registrieren können und gratis hinein dürfen. Auch für Schulklassen sind Ausnahmen geplant. Tourismus-Professorin Rachel Dodds nennt den Schritt im BBC-Bericht ein "Signal der Zeit" – ähnlich wie in Venedig oder Bhutan.

Kein Einzelfall

Zaanse Schans ist längst nicht allein mit seinem Problem. Venedig verlangt seit 2024 von Tagesgästen eine Eintrittsgebühr von 5 Euro, um die Massen zu zügeln. In Bhutan wird ein fester Tagessatz fällig, und auch Orte wie Civita di Bagnoregio in Italien oder Penglipuran auf Bali lassen sich den Zutritt bezahlen.

Sogar Hallstatt in Oberösterreich, das durch Instagram zum weltweiten Touristen-Hotspot wurde, kämpft mit ähnlichen Problemen: Zu viel Verkehr, zu wenig Ruhe, zu viele Selfies. Auch dort denkt man über Maßnahmen nach, um den Ort zu schützen.

Solche Schritte gelten als neue Realität im Städtetourismus – denn wo kulturelles Erbe auf Millionen Menschen trifft, bleibt oft nur eines: Zugang regeln, um zu erhalten. Zaanse Schans könnte damit zum Vorbild für viele Orte werden, die sich nicht länger selbst aufgeben wollen.

Kritik aus dem Dorf

Vor allem Händler und Wirte sind besorgt: "Wenn eine Familie mit vier Personen kommt und noch Parkgebühren zahlt, sind schnell 100 Euro weg – da bleibt nichts mehr für Souvenirs", warnt Sterre Schaap vom Geschenkladen "Trash and Treasures".

Die Gemeinde hofft hingegen auf mehr Qualität statt Quantität – und dass Zaanse Schans auch in Zukunft als authentisches Kulturerlebnis bestehen kann, ohne dass das Dorf darunter leidet.

{title && {title} } NW, {title && {title} } 30.09.2025, 10:41
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