Ein Haustier verändert das Leben - noch viel mehr, wenn es ein Handicap hat. Wer sich für eine blinde Katze entscheidet, schenkt einem oft übersehenen Tier ein neues Zuhause. Er übernimmt damit jedoch auch eine besondere Verantwortung, die oft weniger aufwendig ist als viele glauben.
Mit etwas Geduld und viel Freiraum können blinde Katzen ein ebenso erfülltes Leben führen wie ihre sehenden Artgenossen.
"Wer eine Katze mit Handicap adoptieren möchte, sollte sich der Verantwortung bewusst sein und sich ausreichend über das Tier und seine Bedürfnisse informieren", sagt Hester Pommerening vom Deutschen Tierschutzbund. Gleichzeitig seien es aber ganz normale Katzen, die sich wie alle anderen nach Aufmerksamkeit, Liebe und Akzeptanz sehnen.
Wichtig ist es aber vor allem, blinde Katzen nicht übermäßig zu behüten. "Sie brauchen kein Mitleid und sollten die Chance bekommen, ein normales Katzenleben zu führen." Ihr Gehör, der Geruchssinn und die hochempfindlichen Schnurrhaare helfen blinden Katzen, auch ohne Augenlicht zurechtzukommen.
So sind diese Tiere durchaus in der Lage, Mäuse zu jagen, da sie durch Luftströme mit ihren Tasthaaren Bewegungsreize wahrnehmen. Das kann "Heute"-Redakteurin Christine Scharfetter nur bestätigen. Seit rund sechs Jahren lebt in ihrem Haushalt eine blinde Katzendame. "Sie ist mit fünf Monaten aufgrund einer Augeninfektion erblindet, kann jedoch besser Fliegen fangen als ihr sehender Bruder – und ist immer noch die Chefin. Viele Besucher merken nicht einmal, dass sie nicht sehen kann, bis man sie darauf aufmerksam macht und dann sind sie immer baff. Der einzige Unterschied: Im Kinderzimmer ändert sich ihre Gangart, da sie nie weiß, wo die Spielsachen dieses Mal liegen. Erinnert ein wenig an die Piaffe bei Pferden, wenn sie die Beine beim Gehen so hochheben."
„Sie ist mit fünf Monaten aufgrund einer Augeninfektion erblindet, kann jedoch besser Fliegen fangen als ihr sehender Bruder.“
Allerdings ist die Katzenlady eine reine Hauskatze. "Ich weiß, sie würde wahnsinnig gerne hinaus. Sie liebt es, alle Geräusche und Gerüche zu verfolgen, während sie vorm Fenster sitzt, die bei uns grundsätzlich alle mit Fliegengittern gesichert sind - am Ende würde sonst noch ihr ungeschickter Bruder hinausfliegen", lacht die Katzenmama. "Aber ich selbst habe zu viel Angst davor, dass sie dann doch überfordert ist, obwohl es dann in der Gegend garantiert keine einzige Maus mehr geben würde."
Viel mehr als für eine sehende Katze ist auch für den Alltag mit einem blinden Tier in der Wohnung nicht zu ändern. Im Optimalfall sollte die Wohnung aus dem Blickwinkel der Katze nach möglichen Gefahren gescannt werden. Fenster und Balkone sollten mit einem Fliegengitter oder Netz gesichert sein.
Bis sie sich an ihr neues Zuhause gewöhnt hat, sollten alle scharfen Möbelkanten oder spitze Gegenstände abgepolstert oder gesichert werden. Das gilt auch für alle Bereiche, die für die Katze mit einer Verletzungsgefahr verbunden sind, wie steile Treppen. Allerdings helfen hier sogenannte Babygitter nur bedingt, da vor allem kleine Katzen oft zwischen den Stäben durchschlüpfen können.
Kabel, Lichterketten oder Schnüre sollten weder zur Stolperfalle werden noch zum Spielen oder Knabbern einladen. Beim Katzenklo sollte zumindest anfangs auf die Details geachtet werden: Der Rand sollte möglichst niedrig sein und am besten ohne Klapptür. Da das rauf und runterspringen immer mit der Gefahr verbunden ist, dass etwas im Weg liegt, kann vor dem Bett beispielsweise ein Stockerl immer am selben Ort stehen, so der Tipp der "Heute"-Redakteurin. "Der Vorteil: Sie geht mir nicht mehr in die Küche, außer 'jemand' baut ihr aus Kartons eine Treppe."
Zudem sollte das Tier angesprochen werden, bevor es gestreichelt wird, sodass es auf die Berührung vorbereitet ist und nicht erschrickt, kratzt oder zubeißt. Es ist außerdem hilfreich, viel mit der Katze zu sprechen, denn dadurch weiß sie jederzeit, wo man sich aufhält. Wichtig ist anfangs auch, die Katze im Blick zu behalten - um versehentliche Tritte zu vermeiden.
Wie bei allen Katzen sollte man darauf achten, dass sie sich nicht langweilt. Hier sprechen Spielsachen mit Glöckchen oder aus knisterndem Material die anderen Sinne gezielt an.
Komplett auf Freigang muss auch eine blinde Katze nicht verzichten: Ein sicher eingezäunter Garten, in dem Gefahren, wie Dornen oder Stolperfallen aus dem Weg geschafft wurden und das Tier vor angriffsfreudigen Nachbarn geschützt ist, sollte kein Problem darstellen. Eine Option ist auch der Freigang an der Leine.