Insekten sind unersetzlich. Sie bestäuben Pflanzen, ernähren Tiere, verbessern Böden und halten Schädlinge in Schach. Doch seit den 1990ern ist in Mitteleuropa über 75 Prozent der Fluginsekten-Biomasse verschwunden. Das belegte bereits 2017 die "Krefelder Studie".
In Österreich sind heute viele Insekten stark bedroht: Über die Hälfte der Tagfalter (52%), Heuschrecken (57%) und Libellen (67%) stehen laut Umweltbundesamt (2023) auf der Roten Liste. Auch zahlreiche Wildbienen- und Käferarten sind gefährdet. Das zeigt den dringenden Handlungsbedarf.
Schuld daran hat auch der Mensch. Professor Thomas Frank, Leiter des Instituts für Zoologie an der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) warnt: "Bodenversiegelung befeuert Klimaerwärmung und Insektensterben. Versiegelter Boden bietet keinen Lebensraum für Insekten an der Oberfläche, und bodenbewohnende Tiere sterben unterhalb der versiegelten Fläche. Zudem heizt sich versiegelter Boden extrem auf und nimmt kein Regenwasser auf. Das Wasser muss oberirdisch abfließen, was zu Überschwemmungen führen kann."
Der Grund für das Insektensterben ist jedoch das Zusammenspiel mehrerer Ursachen: intensive Landwirtschaft, Bodenversiegelung, der Verlust von Lebensräumen und die Folgen des Klimawandels.
Das ganze Ausmaß der Misere zeigt sich im dramatischen Rückgang der Schwebfliegen. Diese Insekten, die wie kleine, schlanke Bienen aussehen, sind wichtige Bestäuber und Blattlausjäger. Der Biologe und Wissenschaftler des Jahres 2010 Kurt Kotrschal zeigt sich tief besorgt: "Von den über 500 Arten von Schwebfliegen in Europa steht etwa ein Drittel vor dem Aussterben. Im Vergleich zu 1970 sank ihre Häufigkeit gar um 90 Prozent. Das sind alarmierende Zahlen bezüglich Biodiversität."
In Europa sind die mindestens 100.000 Arten von Insekten eine zentrale Säule aller Ökosysteme. Experte Kotrschal: "Ihre starke Abnahme seit 1970 bedroht etwa die Singvögel, die immer weniger Nahrung für ihre Nestlinge finden." Aber auch heimische Feld-, Wiesen- und Offenlandvögel leiden.
Fehlen Insekten als Nahrung, sinkt ihr Bruterfolg und die Bestände schrumpfen. Rund 100 Vogelarten, darunter Kohlmeise, Feldsperling und Rotkehlchen, verlieren in der Brutzeit eine lebenswichtige Nahrungsquelle. Intensivierte Landwirtschaft und Pestizide verschärfen ihre Lage zusätzlich.
"Der Verlust der Insekten bedroht immer mehr auch landwirtschaftliche Erträge. Höchste Zeit, Renaturierung und ein nachhaltiges Wirtschaften ernst zu nehmen", betont Professor Kotrschal. Dabei kann jeder helfen und mit ein paar Handgriffen im Garten, Hof oder auf dem Balkon Rückzugsorte für Insekten schaffen.
„Das ist so, als wenn wir Menschen täglich vor einem leeren Teller sitzen würden - wir würden auch verhungern.“
BOKU Wien-Experte Dr. Thomas Frank empfiehlt: "Öffentliche Grünflächen und Privatgärten haben ein riesiges Potenzial, Insekten das Überleben zu ermöglichen. Lässt man die Pflanzen wachsen und mäht nur 1- bis 2-mal im Jahr, haben die meisten Insekten etwas zu essen. Mäht man den Rasen ständig ab, verhungern sehr viele Insekten. Das ist so, als wenn wir Menschen täglich vor einem leeren Teller sitzen würden - wir würden auch verhungern."