Bund und Länder im Clinch

Budgetkrise – neue Zahlen zeigen jetzt ganze Wahrheit

Auf bis zu fast 8.000 Euro pro Kopf sind die Länder-Schulden gestiegen. Agenda-Austria-Ökonomin Treml analysiert in "Heute" das Defizit-Desaster.
Angela Sellner
18.11.2025, 06:30
Loading...
Angemeldet als Hier findest du deine letzten Kommentare
Alle Kommentare
Meine Kommentare
Sortieren nach:

Kommentare neu laden
Nach oben
Hör dir den Artikel an:
00:00 / 02:45
1X
BotTalk

In der Staatskasse ist Feuer am Dach. Die hohen Schulden der Länder dürften das gesamtstaatliche Defizit heuer größer werden lassen als angenommen. Konkret soll das Defizit gemessen an der Wirtschaftsleistung (BIP) nicht bei 4,5 Prozent liegen – das wurde bislang angenommen – sondern bei 4,9 Prozent.

Klar ist: Die Länderdefizite wurden bislang zu optimistisch kalkuliert, aber auch der Bund ist mit einer Neuverschuldung von über 16 Milliarden Euro alles andere als unbeteiligt an der aktuellen Situation.

Schulden der Länder schon bei 47 Milliarden Euro

Wie es aktuell wirklich um die Schulden der Länder steht und wie sich diese in der Vergangenheit entwickelt haben, hat nun die Agenda Austria ausgerechnet. Die Berechnungen der wirtschaftsliberalen Denkfabrik zeigen: Während 2019 die Gesamtverschuldung der Bundesländer noch bei 28 Milliarden Euro lag, ist diese im Jahr 2025 auf satte 47 Milliarden Euro angestiegen.

Die meisten Schulden hat dabei die Bundeshauptstadt Wien zu verbuchen – aktuell sind es fast 16 Milliarden Euro. Dabei muss aber auch erwähnt werden, dass Wien sowohl Gemeinde als auch Land in einem ist und die meisten Einwohner in Österreich hat. Der Schuldenanstieg im Vergleich zu 2019 beträgt in der Bundeshauptstadt 120 Prozent.

Pro-Kopf-Verschuldung – HIER sind es fast 8.000 Euro

Alarmierend ist auch die Pro-Kopf-Verschuldung. Diese ist mit 7.831 Euro in Wien am höchsten und seit 2029 um 106 Prozent angestiegen. Knapp dahinter folgt Kärnten mit 7.767 Euro Schulden pro Kopf. Den stärksten prozentuellen Schuldenanstieg verzeichnet Tirol mit einem Plus von 344 Prozent seit 2029, wenngleich von vergleichsweise sehr niedrigem Niveau.

Die Situation ist angespannt, Finanzminister Marterbauer will jetzt noch genauere Daten von den Ländern haben, um das ganze Ausmaß der Misere einschätzen zu können. Schon hinter den Kulissen der Landeshauptleutekonferenz vergangene Woche im steirischen Seggau wurde heftig gestritten.

Die Länder weisen die Schuld an der Defizitexplosion von sich, wollen im Gegenteil mehr Geld vom Bund. Immerhin hätten sie zuletzt immer mehr Aufgaben übernommen (beispielsweise in der Gesundheitsversorgung), was die Kosten in die Höhe getrieben habe.

Bis Jahresende soll ein neuer Budget-Pakt zwischen Bund, Ländern und Gemeinden stehen. Dieser sogenannte Stabilitätspakt legt fest, wer wie viele Schulden machen darf. Darum wird jetzt heftig gerungen, zuletzt ließen die Länder einen Verhandlungstermin kurzfristig platzen. Jetzt soll es zeitnah eine neue Gesprächsrunde geben.

Scharfe Kritik an Bundesregierung

Wirtschaftsexperten wundern sich über die verfahrene Situation. "Es ist November und wir kennen das Budget 2025 nicht", sagt Agenda-Austria-Ökonomin Carmen Treml gegenüber "Heute" angesichts nach wie vor herrschender Unklarheit über die exakten Zahlen.

„Langsam können sie nicht mehr alles auf die alte Regierung schieben.“
Carmen TremlÖkonomin (Agenda Austria)

Ein neuer Stabilitätspakt zur Aufteilung der Schulden sei das eine – aber zuallererst müssten Daten transparenter gemeldet werden, so Treml – "hier lauern viele Ineffizienzen". Mit einer transparenteren und aktuelleren Datenbasis, aufgeschlüsselt nach Bund, Ländern und Gemeinden, würden Reformen wesentlich erleichtert und man könne Sparpotenzial bei Verwaltungsaufgaben besser identifizieren.

Auch wenn die Schulden der Länder zum Jahresende hin ansteigen – klar bleibe, dass der  größte Schuldenbrocken vom Bund komme. Strukturelle Reformen müssten endlich angegangen werden. Treml wird deutlich: "Langsam können sie nicht mehr alles auf die alte Regierung schieben."

{title && {title} } sea, {title && {title} } Akt. 18.11.2025, 17:08, 18.11.2025, 06:30
Jetzt E-Paper lesen