Im Fall um den Tod von Ex-Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek erhebt Volksanwalt Christoph Luisser schwere Vorwürfe gegen die Polizei. In einem am Dienstag präsentierten Zwischenbericht spricht er von "massiven Missständen" und einer Kette "gravierender Fehler" bei den Ermittlungen.
Die Vorgänge seien laut Luisser "wirklich einzigartig": "Obwohl die Staatsanwaltschaft anfangs wegen des Verdachts auf Fremdverschulden ermittelte und die Obduktion keine eindeutige Todesursache außer Ertrinken feststellen konnte, hat die Kriminalpolizei von Beginn an auf Suizid gesetzt und damit eine ordentliche Aufklärung verhindert", so Luisser.
Besonders kritisiert er die Arbeit am Fundort. "Es ist völlig unverständlich, warum am Fundort nicht professionell gearbeitet wurde. Wichtige Zeugen wie die Arbeiter vor Ort wurden ignoriert und die zahlreichen Verletzungen des Verstorbenen nicht zum Anlass für eine akribische Spurensuche genommen. Das ist kriminalistisches Basiswissen, das hier einfach übergangen wurde", sagte Luisser.
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Als "besonders brisant" bezeichnete er zudem einen Vorfall rund um die Obduktion: Eine Polizistin soll versucht haben, die von der anwesenden Ärztin angeregte Obduktion zu verhindern. "Dass eine Beamtin ohne medizinische Ausbildung versucht, eine Obduktion zu verhindern, wirft ernste Fragen auf. Welches Interesse konnte es geben, eine genaue Untersuchung der Todesursache zu verhindern?"
Zusätzlich geben neu aufgetauchte Chats, die über Pilnaceks Smartwatch gesichert werden konnten, Einblick in seine letzten Tage: Demnach vereinbarte der Spitzenbeamte noch zahlreiche Termine – private wie berufliche – teils weit über seinen Todestag hinaus. Auch mit Personen aus seinem engen Umfeld stand Christian Pilnacek per Chat in Kontakt. In keiner der Nachrichten findet sich jedoch ein Hinweis darauf, dass er sich etwas antun wollte – vielmehr wurden Treffen auf Kaffee oder zum Essen ausgemacht, berichtet die "Krone".
Auffällig ist laut "Krone" nur die letzte Nachricht, die mutmaßlich an das Handy eines Freundes ging: "Bin fertig und kann nicht mehr. Alles Liebe." Ob der Sektionschef diese Zeilen tatsächlich selbst verfasst hat, ist allerdings unklar. In der Tonalität hebt sich die Nachricht jedenfalls deutlich von den vorherigen ab.
Das Mobiltelefon kann nicht mehr ausgewertet werden: Es wurde laut einem Bericht der Plattform "zackzack" von Ex-Politiker Peter Pilz von Pilnaceks Ehefrau mit einem Bunsenbrenner zerstört.
Volksanwalt Luisser nennt die nicht erfolgte Sicherstellung von Pilnaceks Smartphone das schwerste Versäumnis: "Das zentrale Beweisstück, das Aufschluss über die letzten Kontakte und Bewegungen hätte geben können, wurde einfach aus der Hand gegeben und später vernichtet. Damit wurde die Aufklärung aktiv verhindert." Stattdessen seien nur "Alibi-Ermittlungen" in Nebenfragen geführt worden, während wesentliche Spuren verloren gegangen seien.
Zum Abschluss kündigte Luisser an, weiter nachzuschärfen: "Aus den mir vorliegenden Informationen ergibt sich, dass entweder geschlampt oder weggeschaut wurde. Wir werden nicht lockerlassen, um diese Vorgänge aufzuklären. Die Bürger haben ein Recht darauf, dass die Polizei ihre Arbeit ordentlich macht und sich niemand über das Gesetz stellen kann!"