Thomas Gottschalk ist an Krebs erkrankt. Ein Schock – nicht nur für den deutschen Entertainer, sondern auch für sein Umfeld. Wie findet man als nahestehende Person nach solch einer Diagnose die richtigen Worte? Anne Zahno, Psychoonkologische Beraterin Krebsliga Schweiz, erklärt im Interview, was in Situationen wie diesen hilft und wie Angehörige es schaffen, sich selbst nicht zu verlieren.
Gut gemeinte Aussagen wie "Das wird schon gut" oder "Ich weiß genau, wie du dich fühlst" können verletzen und dazu führen, dass sich die betroffene Person zurückzieht. Ungefragte Ratschläge in Form von "Du musst nur …" kommen auch häufig vor. Solche Tipps helfen meistens nicht und können übergriffig sein. Sie geben eher demjenigen, der sie gibt, ein gutes Gefühl.
Der häufigste Grund ist wohl Überforderung. Nicht zu wissen, was man sagen soll, und dann lieber zu schweigen, kommt relativ oft vor. Ein weiterer Grund ist die Angst, falsch zu reagieren. In solchen Momenten hilft Transparenz: "Ich weiß gerade nicht, was ich sagen soll, mir fehlen die Worte. Ich bin aber für dich da, wenn du mich brauchst." Übervorsicht entsteht häufig auch durch Unklarheit und Unwissen. Hier können Fragen wie "Was brauchst du? Wie kann ich dich unterstützen?" helfen.
Es gibt hier kein Rezept, das für alle gilt. Kernzutaten aus langjähriger Erfahrung in der Beratung von Betroffenen und Angehörigen sind: Zuhören, Dasein, Gefühle und Bedürfnisse anerkennen, Grenzen respektieren und praktische Unterstützung anbieten.
"Ja, insbesondere wenn diese bereits vor der Erkrankung labil waren", sagt Zahno.
Das zeigt sich oft in Rückzug, Gereiztheit oder Überempfindlichkeit. Entlastung dagegen in Entspannung, Offenheit und aufrichtiger Dankbarkeit. Hilfreich sind einfache Rückfragen wie "Wie fühlt es sich für dich an, wenn ich dich so unterstütze?" oder "Möchtest du etwas anders?".
Prognosen zu treffen, liegt grundsätzlich in der Kompetenz der behandelnden medizinischen Fachperson. Manche Betroffene wollen genau wissen, was auf sie zukommt und wie viel Lebenszeit sie realistischerweise noch haben. Dasselbe gilt für manche Angehörige. Mit Prognosen ist jedoch immer auch das Sterben verbunden. Viele Angehörige scheuen dieses Gespräch, weil sie fürchten, damit die Hoffnung aufzugeben. Hoffnung kann aber auch darin liegen, dass es gute Tage gibt, man sich auf das Wesentliche konzentriert und mehr Zeit für Nähe hat. Für Betroffene kann es sehr entlastend sein, wenn Angehörige das Sterben nicht zum Tabu machen.
Es ist anfänglich ganz normal, dass eigene Bedürfnisse in den Hintergrund geraten, wenn eine Krebserkrankung bei einem Nächsten auftritt. Längerfristig ist es jedoch wichtig, seine eigenen Grenzen wahrzunehmen und Unterstützung anzunehmen. Zur Selbstfürsorge gehört auch, Gefühle wie Trauer, Wut und Angst zuzulassen und sie möglichst mit einer vertrauten Person zu teilen. Hilfreich sind zudem regelmäßige kleine Erholungsinseln und Aktivitäten, die guttun. Professionelle Unterstützung ist spätestens dann notwendig, wenn Warnsignale wie Schlafstörungen, körperliche Erschöpfung oder depressive Symptome auftreten. Sinnvoll ist es aber oft, als Angehörige schon früher psychoonkologische Begleitung zu nutzen.