Zuletzt kamen vereinzelt wieder positive Töne aus österreichischen Unternehmen. Ob jetzt die lang ersehnte wirtschaftliche Erholung kommt, erklärte am Sonntag der Direktor des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO), Gabriel Felbermayr in der ZIB2 im Gespräch mit Stefan Lenglinger.
Zwar würden die Zahlen von April und Mai darauf deuten, dass man sich weiterhin in einer Rezession befindet, dennoch gehe es, vor allem in der Industrie "leicht bergauf". Es habe bereits in der Vergangenheit kleine, vorsichtige Anzeichen einer Verbesserung gegeben. Daraus wurde aber nie ein sich selbst tragender Aufschwung. Aktuell schaue man "mit einiger Nervosität" nach Washington. Auch von dort könne – Stichwort Trump-Zölle – noch Unangenehmes blühen. Zwar könnten sich in dieser Frage auch die gemäßigten Kräfte durchsetzen. Das wisse man aber aktuell nicht.
Warum trotz massiver Förderung durch die Politik in den vergangenen Jahren die Kaufkraft nicht gestiegen ist, wollte ZIB-Anchor Lenglinger wissen. Grund dafür sei "sehr viel Verunsicherung". Habe man Angst, den Job zu verlieren, führe das zu einer sparsamen Lebensweise. Das habe man "in diesem Ausmaß nicht erwartet", so Felbermayr. Auch die aktuelle Sparquote von Herr und Frau Österreicher sei "historisch außergewöhnlich", so der Experte. Aber: Auch hier gebe es leichte Anzeichen einer Besserung – vor allem in der Konsumgüterindustrie.
Lenglinger konfrontierte Felbermayr mit einem unpopulären Vorschlag: Der Ökonom sprach einmal davon, die bereits paktierten Lohnerhöhungen für Beamte für 2025 und 2026 zu überdenken. Dem Experten ist zwar klar, dass die Regierung diese für 2026 nicht aufschnüren werde. Das bedeute aber, dass es für 2027 und 2028 "harte Verhandlungen" geben wird müssen. Nämlich dann, wenn die Kassen von Bund und Ländern leer sind. Bei einer geringeren Wirtschaftsleistung, wird man auch fragen müssen, wie sich das in den Löhnen jener Personen im öffentlichen Dienst, "die ja vom Steueraufkommen, das erwirtschaftet wird, bezahlt werden", niederschlagen wird.
Der Ökonom sprach sich offen dafür aus, die Inflation nicht als Ausgangspunkt, sondern als Obergrenze für Lohn-Verhandlungen zu betrachten. Wenn die gesamtwirtschaftliche Produktivität zurückgehe, sollten die Lohnabschlüsse auch um diesen Betrag unter der rollierenden Inflation sein können. Das sei aber freilich kein Gesetz. Mit dieser Forderung stößt der Experte aber auch auf Kritik.
Die ZIB-Redaktion spielte an dieser Stelle des Interviews eine Passage einer Aussage von Gewerkschafter Reinhold Binder ein. Dieser nennt derartige Forderungen "letztklassig" und spricht von "Zauberkünstlerei" und "Auftragstätertum". Mit diesen Aussagen konfrontiert, zeigt sich Felbermayr gelassen. Er habe ein gutes Verhältnis mit Binder und sich bereits mit diesem "ins Vernehmen gesetzt". Solche Äußerungen werde es in Zukunft wohl nicht mehr geben, schenkte er diesem Statement keine allzu große Bedeutung. Felbermayr betonte aber mit Nachdruck, dass das WIFO unabhängig agiere.