"Aus einer ganz normalen Immobilie habe ich ein Business aufgebaut, das uns Freiheit schenkt. Airbnb hat unser Leben verändert. Nur die eine Wohnung generiert 8.000 Franken Umsatz pro Monat, am Ende bleiben davon 3.000 Franken [ca. 3200 Euro] Gewinn – und das mit weniger als zwei Stunden Arbeit pro Woche."
Was im ersten Moment nach einem Scam auf Telegram klingt, ist die Story von Marie Murer (32), die sie auf Tiktok und Instagram erzählt. Die gelernte Lehrerin aus dem Schweizer Kanton Nidwalden hat ihren Job nach den Geburten ihrer Kinder an den Nagel gehängt, um mehr Zeit mit ihrer Familie zu verbringen. "Zwar genoss ich die langen Ferien, doch der Beruf lässt keine Flexibilität oder Homeoffice zu", erzählt sie gegenüber "20 Minuten".
Also begann sie, eine Wohnung in ihrem Haus zu vermieten. "Sie stand leer – warum also nicht daraus Kapital schlagen?", habe sie sich gedacht und es über Airbnb versucht. "Es hat sofort gut funktioniert und die Arbeit mit den Touristen war vielfältig und hat mir unglaublich Spaß gemacht."
Deshalb wurden aus der einen Wohnung nach und nach 17. "Wir leben von den Einnahmen, mein Mann arbeitet, weil ihm der Job gefällt, nicht, weil wir finanziell darauf angewiesen wären."
Dafür habe sie kein Eigentum aufgekauft, sondern arbeite mit Besitzern zusammen, die froh gewesen seien, ihre Wohnungen nicht leer stehen zu lassen oder nicht mehr fix vermieten wollten. Die meisten ihrer Objekte liegen in ländlichen Regionen, vor allem in Nidwalden und Obwalden. "Ich nenne Interlaken oder Luzern in den Wohnungsprofilen bloß zur Orientierung für Touristen, Airbnbs würde ich dort keine betreiben."
Denn auch Murer weiß um die Kontroverse beim Thema Kurzzeitvermietung: In Touristen-Hochburgen und Städten werden Airbnbs betrieben, während es der lokalen Bevölkerung an Wohnraum fehlt.
"Da verstehe ich den Unmut, dort braucht es politische Maßnahmen. Aber bei mir geht es um Orte, wo die Lage in Bezug auf Wohnraum entspannter ist." Wie zum Beispiel in Nidwalden: Viele ihrer Wohnungen würden monatelang leer stehen – nun brächten sie Wertschöpfung für die lokale Wirtschaft. Der Kanton Nidwalden bestätigt in einer Antwort auf einen parlamentarischen Vorstoß: "Der Einfluss von Airbnb auf den Wohnungsmarkt ist unbedeutend."
Gegen klare Regeln habe sie daher nichts: "Es gibt Leute, die vermieten Airbnbs, ohne den Eigentümer zu fragen oder Kurtaxen zu zahlen. Das verurteile ich scharf", sagt die 32-Jährige. Generelle Verbote aber seien zu radikal – und nicht zielführend. "Wir sind ein Tourismusland, wir brauchen eine Alternative zu oftmals teureren Hotels. Wichtig ist, dass wir es richtig und professionell machen – und nicht an Orten, wo es bereits an Wohnungen fehlt."
Deshalb berät sie mittlerweile auch andere. Ihr Ziel: Die Schweiz zum Vorzeigeland für Kurzzeitvermietungen machen. Gemeinsam mit dem Branchenexperten Simon Lehmann hat sie ein Ausbildungsprogramm aufgebaut.
"Viele Airbnbs entsprechen nicht den Standards der Hotellerie. Das ist schade – und ebenfalls ein Grund für den schlechten Ruf", sagt Murer. Sie wolle deshalb ein Angebot schaffen, bei dem Gastgeber lernen, wie man professionelle Kurzzeitvermietungen betreibt: transparent, gesetzeskonform und mit maximaler Wertschöpfung für die Region.
Die Nidwaldnerin Marie Murer (32) macht 8000 Franken Umsatz pro Monat mit nur einem Airbnb. Sie vermietet inzwischen ingesamt 17 meist leerstehende Wohnungen in ländlichen Regionen.
Murer sieht Airbnbs nicht als Preistreiber im Wohnungsmarkt – sofern sie nicht in Touristen-Hochburgen betrieben werden. Ihr Ziel: Die Schweiz zum Vorzeigeland für Kurzzeitvermietungen machen.
Airbnbs, glaubt sie, müssen die Wohnkrise nicht verschärfen – sie können Teil einer Lösung sein, wenn sie dort eingesetzt würden, wo sie gebraucht werden. "Eine Zweitwohnung, die leer bleibt, bringt niemandem etwas. Wird sie an Touristen vermietet, können ganze Dörfer davon profitieren."